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Großes Spätwerk Robert Plant: Mut zum Risiko statt Retro-Muff

In Ehren ergraut, aber immer noch rastlos kreativ: Mit jedem neuen Soloalbum fügt der einstige Led-Zeppelin-Sänger Robert Plant ein Spätwerk von außergewöhnlich konstanter Qualität zusammen. "Carry Fire" macht da keine Ausnahme.

Von Werner Herpell, dpa 16.10.2017, 05:00

Berlin (dpa) - Robert Plant geht gern ins Risiko, auch wenn er es sich als Rocklegende längst mit Led-Zeppelin-Wiedervereinigungen oder Rückblick-Platten bequem machen könnte.

Für den 69-Jährigen ist das keine Option. "Ich habe Respekt vor meinem bisherigen Werk und mag es sehr gern. Doch jedesmal fühle ich den Drang und den Impuls, ein neues Werk zu schaffen. Ich muss das Alte mit Neuem verbinden", sagte der Brite dem Musikmagazin "Rolling Stone" über sein aktuelles Album "Carry Fire".

Und so klingt die Platte, seine vierzehnte als Solokünstler seit 1982, dann auch. Klar, da ist immer noch diese Wahnsinnsstimme, die Plant seit der Gründung von Led Zeppelin vor fast 50 Jahren zu einer Ikone des Blues- und Hardrocks machte: mühelos in höchste Tonlagen kletternd, stets etwas heiser, vor allem extrem testosteronhaltig. Von seiner Wirkung - vor allem  auf weibliche Hörer - hat Plants markanter Gesang nichts eingebüßt. Die Stimme wirkt auch jetzt noch erstaunlich alterslos, etwa in den prächtigen Balladen "A Way With Words", "Seasons's Song" und "Heaven Sent".

Was den Sound und die Struktur der Songs auf "Carry Fire" betrifft, verkneift sich der nach einigen amerikanischen Exiljahren nun wieder in Wales lebende Plant indes jede muffige Retro-Genügsamkeit. Wie schon auf dem herausragenden "Lullaby and ... The Ceaseless Roar" von 2014 verquirlt er eine in alle Richtung offene moderne Folk-Spielart mit nordafrikanisch angehauchtem Wüsten-Blues, Elektro-Loops und wuchtigen Rockrhythmen (etwa im krachenden "New World", das noch am stärksten an Led Zeppelin erinnert).

Von kreativem Stillstand keine Spur, auch wenn der Vorgänger bereits eine ähnliche Richtung eingeschlagen hatte. Erneut halfen Plant bei "Carry Fire" die Sensational Space Shifters, seine "Bruderschaft": die formidablen Gitarristen Justin Adams und Liam Tyson, Keyboarder John Baggot und Schlagzeuger Dave Smith. Außerdem holte sich der Sänger die Ü60-Kollegin Chrissie Hynde (The Pretenders) für den Rockabilly-Standard "Bluebirds Over The Mountain" und den deutlich jüngeren englischen Folkmusiker Seth Lakeman als Gäste ins Studio.

Als "aufregende und dramatische Landschaft von Stimmungen, Melodie und Instrumentierung" beschreibt Plant sein neues Album - an Selbstbewusstsein mangelt es dem einst größten Gockel der Rockmusik also weiterhin nicht. Er kann es sich aber auch leisten: Im Gegensatz zu den Spätwerken der meisten Altersgenossen gehen seine Platten nicht nur hoch in die Charts und erwerben Grammys wie etwa der Country-Ausflug "Raising Sand" mit Bluesgrass-Musikerin Alison Krauss (2007) - Plant erhält für seine Rastlosigkeit auch nach wie vor viel Respekt der Kritiker.

Und Led Zeppelin, mit denen er Klassiker wie "Stairway To Heaven" oder "Whole Lotta Love" schuf - ist eine gewiss lukrative Live-Reunion wie vor zehn Jahren noch einmal denkbar? Wer so sehr nach vorn schaut wie Robert Plant, ist da naturgemäß zurückhaltend. Mit den alten Band-Kumpels trinke er "noch ab und zu eine Tasse Kaffee", mehr sei da nicht, sagte er dem "Rolling Stone".

Obwohl: Das als DVD/CD "Celebration Day" dokumentierte Londoner Konzert von 2007 sei "großartig" gewesen, räumt der Sänger im Interview ein. Und lässt den Zep-Fans damit vielleicht noch ein wenig Hoffnung. "Carry Fire" klingt allerdings eher nach einer weiterhin rosigen Solisten-Zukunft.

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