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Ausnahmekünstler So geht Latin-Jazz: Roberto Fonseca und Ibrahim Maalouf

Ein Kubaner und ein libanesisch-stämmiger Franzose machen Latin-Jazz - und schenken sich dabei gegenseitig Gastauftritte. Die Top-Musiker Roberto Fonseca und Ibrahim Maalouf begeistern mit ihren neuen Alben.

Von Werner Herpell, dpa 17.11.2019, 05:00

Berlin (dpa) - Seit der Kubaner Roberto Fonseca mit seinem Debüt vor 20 Jahren auf Anhieb beeindruckte, gilt er als Star des Piano-Jazz. Warum das auch weiterhin so ist, lässt sich jetzt auf dem vielschichtigen Album "Yesun" nachhören.

Dort legt mit Ibrahim Maalouf ein Spitzentrompeter des europäischen Jazz einen Gastauftritt hin. Auch von ihm gibt es eine brandaktuelle, sehr starke Platte - auf der wiederum Fonseca mitspielt.

Dieser sagt über sein mittlerweile neuntes Solowerk, dies sei "das Album, das ich schon immer machen wollte". So etwas verlautbaren Künstler natürlich gern über ihre neuen Veröffentlichungen. Aber bei "Yesun" (3ème Bureau/Wagram/Indigo), dieser genreübergreifenden Mixtur aus Jazz, Bossa Nova, Salsa, Mambo und Rumba, aber auch Klassik, Hip-Hop, Funk und Elektronik kann man die Aussage des Künstlers gut nachvollziehen.

"All meine Einflüsse sind da. All die Sounds und Vibes, die mich zu dem machen, was ich bin", sagt der kürzlich mit dem höchsten französischen Kultur-Orden ausgezeichnete Pianist, Komponist und Arrangeur. Die Stücke wurden von einem Trio eingespielt - neben Fonseca noch Schlagzeuger Raúl Herrera und Kontrabassist Yandy Martínez. Als Gäste sind neben dem schon erwähnten Maalouf der legendäre US-Saxophonist Joe Lovano, die kubanische Rapperin und Sängerin Danay Suarez und Bolero-Musikerin Mercedes Cortés dabei.

Auf der Platte sei "sehr viel kubanische Musik", sagt der Pianist. "Aber nicht die üblichen Maracas- und Zigarren-Klischees, sondern der tiefgehende Stoff, der moderne und aneckende Kram." Er wolle damit "ein Kuba ohne Grenzen präsentieren. Ich versuche, Brücken zwischen meinen afrokubanischen Wurzeln und anderen Musikstilen zu bauen", so Fonseca (44) über den globalen Ansatz von "Yesun".

Schon mit 15 hatte er sein Live-Debüt gegeben und war ab den frühen Nuller-Jahren am berühmten Buena Vista Social Club beteiligt. Auf seinem 2012 für einen Grammy nominierten Album "Yo" war Fatoumata Diawara aus Mali dabei, mit der Fonseca später auch live zusammenarbeitete ("At Home - Live in Marciac", 2015).

"Ich betrete gerne Neuland", betont der Kubaner. Und das tut er mit dem Stil- und Genre-Mix des neuen Albums so kühn wie selten zuvor - aber ohne Virtuosen-Eitelkeit. "Wenn man jung ist, will man alles sagen und spielt zu viele Noten. Jetzt, wo ich selbstsicherer in meinem Spiel bin, habe ich erkannt, dass der beste Weg, mit so vielen Menschen wie möglich zu kommunizieren, ist, ihnen den Raum zu geben, dich zu verstehen."

Ibrahim Maaloufs Trompetenspiel prägt "Kachucha", eines der besten Stücke von Roberto Fonsecas "Yesun". Wie sehr dieser fantastische französisch-libanesische Musiker selbst den Latin-Jazz verinnerlicht hat, beweist er auf "S3NS" (Mister Ibe/V2), seinem neuen Studioalbum.

Mit "Una Rosa Blanca" geht es gleich mächtig groovy los, eine zehnköpfige, überwiegend französische Band lässt die lateinamerikanischen Rhythmen nur so perlen, und irgendwann entrichtet Barack Obama als Tape-Einspieler einen Friedensgruß (seufz...). "Happy Face" ist eine Art Jazz-Pop-Track im Bigband-Format - man merkt nicht nur hier, dass Maalouf (38) etwa mit Sting gespielt, also nicht in einer Nische verharrt hat.

So wunderbar die meist üppige Besetzung auf "S3NS" harmoniert - am Ende sind es die kubanischen Pianisten Harold Lopez Nussa, Alfredo Rodriguez und Roberto Fonseca ("Gebrayel"), die den zwischen Latin-Jazz, Bigband-Sound, Pop und auch Funkrock pendelnden Tracks ihren Stempel aufdrücken.

Immer eng abgestimmt mit Maaloufs variablem Trompetenton - er ist schließlich nicht nur seit fast 20 Jahren ein Meister seines Fachs, sondern als Spross einer Musiker- und Künstlerfamilie quasi zur Qualität verpflichtet: Sohn des Trompeters Nassim Maalouf und der Pianistin Nada Maalouf; Neffe des Schriftstellers Amin Maalouf; Enkel von Rushdi Maalouf, Journalist, Dichter und Musikwissenschaftler. Mit "S3NS" kann er jedenfalls auch vor diesem familiären Hintergrund sehr glücklich sein.

Tourneedaten Roberto Fonseca: 27.11.2019 München, Bayerischer Hof, 28.11. Berlin, Quasimodo,01.01.2020 Köln, Philharmonie (Silvesterkonzert), 26.03. Genf, Espace Vélodrome, 17.04. Innsbruck, tba, 18.04. Zürich, Moods, 19.04. Bern, Bee-Flat, 22.04. Frankfurt/Main, Alte Oper (mit der hr-Bigband), 23.04. Kassel, Staatstheater (mit der hr-Bigband), 26.04. Karlsruhe, Tollhaus, 24.06. Basel, Jazz & Art im Kunstmuseum Basel

Website Roberto Fonseca

Website Ibrahim Maalouf

Georg Wendt
Georg Wendt
dpa