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Jazz trifft Flamenco Wolfgang Haffners magischer Spanien-Trip

25 Jahre alt wurde das deutsche Jazz-Label ACT kürzlich - und feierte das Jubiläum mit einem großen Konzert seiner Künstler in Berlin. Auch Wolfgang Haffner war dabei, einer der weltbesten Jazz-Drummer. Was er auf seinem neuen Crossover-Album wieder einmal beweist.

Von Werner Herpell, dpa 25.08.2017, 07:00

Berlin (dpa) - Wolfgang Haffner muss gar nicht immer allzu viel Spektakuläres tun an seinem Schlagzeug, um Magie zu erzeugen. Und er gönnt seinen Mitspielern gern großzügig das Rampenlicht. Auch diese vornehm bescheidene Haltung macht "Kind Of Spain" (ACT) zu einem der schönsten Jazz-Alben dieses Jahres.

Denn Haffner begreift Jazz-Drumming nicht als solistischen Leistungssport und selbst auf eigenen Alben nicht als Jahrmarkt der Eitelkeiten. Das war schon vor zwei Jahren mit "Kind Of Cool" so, Haffners fabelhaft geschmackssicherer Hommage an Miles Davis und die Cool-Jazz-Äre der 50er/60er Jahre. Dafür erhielt der heute 51-Jährige eine Goldene Schallplatte - für sein Nischen-Genre eine seltene Ehre in Deutschland.

Nun wendet sich Haffner der Verbindung von Jazz, Flamenco und spanischer Klassik zu. Mit einer wie schon auf "Kind Of Cool" erlesenen All-Star-Band - Jan Ludgren (Piano), Sebastian Studnitzky (Trompete), Daniel Stelter (Gitarre), Christopher Dell (Vibrafon), Lars Danielsson (Bass) - generiert der weltweit anerkannte Schlagzeuger einen Crossover-Sound, der zum Glück nie in Kitsch- oder Fahrstuhlmusik-Verdacht gerät.

Den sechs Orginalen von Haffner, Danielsson und allen anderen Bandmitgliedern im "spanischen Stil" sind auf "Kind Of Spain" sieben Fremdkompositionen gegenübergestellt. Dazu gehören Klassiker wie "Children Of Sanchez" von Chuck Mangione, "Spain" von Chick Corea und das herrliche "Concierto de Aranjuez" von Joaquin Rodrigo - allesamt präsentiert in sensiblen, eigenständigen Versionen.

ACT-Gründer und Produzent Siggi Loch dürfte bei den Aufnahmen in den legendären Berliner Hansa Studios (David Bowie, U2, Depeche Mode, Nick Cave) nostalgische Wehmut und große Freude gleichermaßen verspürt haben. Denn vor 25 Jahren, zum Start des Labels, war das erste Album eine spanisch-deutsch-amerikanische Co-Produktion: "Jazzpaña", mit zwei Grammy-Nominierungen gleich ein Riesenerfolg für die junge Plattenfirma. Arrangiert wurde das Werk von dem damals noch weitgehend unbekannten Vince Mendoza und dem US-Starproduzent Arif Mardin.

Insofern ist "Kind Of Spain" ein Vierteljahrhundert später auch eine Verbeugung Haffners und seines rein akustischen Sextetts vor Mendoza und dem 2006 verstorbenen Mardin. Nicht umsonst heißt der erste Track, gemeinsam geschrieben von den sechs Musikern, "For Vince & Arif". Haffner erinnert sich: "Während der Studiosessions spielte uns Siggi Loch eine "Jazzpaña"-Nummer mit diesen typischen Flamenco-Handclaps vor. Spontan haben wir die Claps gesamplet und dazu gejammt."

Wunderschön melancholische, von Klavier und Standbass dominierte Melodien wie "Recuerdos de la Alhambra" und temperamentvolle Ausbrüche mit Gitarre und Trompete fließen unter Haffners und Lochs Regie zu einer traumhaften, mediterran flirrenden Jazz-Folklore-Mixtur zusammen. Stets bleibt der Schlagzeuger und Bandleader zurückhaltend und höchst präsent zugleich. "Platz in der Musik ist für mich essenziell", so der gebürtige Oberfranke.

Mit diesem Understatement ist Haffner, der schon für Till Brönner, Klaus Doldinger, Götz Alsmann, Thomas Quasthoff und Chaka Khan trommelte, auf "Kind Of Spain" wieder Großes geglückt. Und für Siggi Lochs ACT hat sich ein Kreis geschlossen.

Konzerte im Herbst 2017: 25./26.10. Berlin, A-Trane, 27.10. Göppingen, Odeon im E-Werk, 28.10. Herford, Musik-Kontor-Herford, 29.10. Freiburg, Jazzhaus, 30.10. Kassel, Theaterstübchen, 31.10. Aschaffenburg, Colos-Saal, 1.11. Hamburg, Fabrik, 2./3.11. Nürnberg, Tafelhalle, 4.11. Ingolstadt, Ingolstädter Jazztage, 5.11. Potsdam, Nikolaisaal, 6.11. Leverkusen, Leverkusener Jazztage (Doppelkonzert mit Nils Landgren Funk Unit), 8.11. München, Ampere, 9.11. Dresden, Jazztage, 10.11. Herdecke, Werner Richard Saal, 11.11. Karlsruhe, Tollhaus, 12.11. Bayreuth, Jazz-November,

 

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