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Auf der Seite der Demokraten James Taylor sorgt sich um die USA

Auf seinem neuen Album "American Standard" covert Songwriter-Legende James Taylor Klassiker der 20er bis 60er Jahre. Mit Nostalgie hat er aber nicht viel am Hut. Und der politisch aktive Musiker sorgt sich um die politische Situation in den USA.

Von Interview: Philip Dethlefs, dpa 25.02.2020, 10:13

London (dpa) - Kurz vor seinem 72. Geburtstag blickt der Sänger und Songwriter James Taylor ("Sweet Baby James") auf die Musik seiner Kindheit zurück.

Auf seinem 20. Studioalbum "American Standard" covert er Klassiker wie "God Bless The Child" von Billie Holiday oder Henry Mancinis "Moon River". Im dpa-Interview spricht Taylor über Nostalgie, seine Sorgen um die US-Politik und erklärt, warum er sich jenseits der Musik lieber aus der Öffentlichkeit fernhält.

Frage: Wie geht es Ihnen, wie läuft's im Leben?

Antwort: Oh, es ist wunderbar. Mein Album, an dem ich zwei Jahre gearbeitet habe, kommt jetzt raus. Und es ist jedes Mal eine große Erleichterung, wenn das Ding fertig ist. Das hab ich schon immer so empfunden, auch als ich noch um die 20 war.

Frage: Empfinden Sie noch Druck, wenn sie ein Album machen?

Antwort: Deutlich weniger. Aber das liegt vor allem an der Beziehung zu (meiner Plattenfirma) Concord Records und wie wir das angehen - ein Projekt zur Zeit. (...) Dieses Mal kamen sie auf mich zu und haben gefragt, ob es nicht ein guter Zeitpunkt für ein Album mit Klassikern wäre und wie ich das fände. Ich konnte dann erstmal drüber nachdenken, rumprobieren und ein paar Demos aufnehmen, damit wir ein Gefühl dafür kriegen. So weiß jeder, woran er ist. Wir kennen alle die Geschichte von Neil Young, der von seiner Plattenfirma verklagt wurde, weil sie meinten, sein Album klänge nicht nach Neil Young.

Frage: Sind Sie ein nostalgischer Mensch?

Antwort: Ich schätze, mit der Zeit neigt man dazu, nostalgischer zu werden, weil im Rückspiegel mehr zu sehen ist als auf dem Weg, der noch vor einem liegt. Und außerdem hat man mit den Menschen, mit engen Freunden eine gemeinsame Geschichte. Das verleitet zur Nostalgie. Aber eigentlich bin ich kein sehr nostalgischer Mensch. Ich hab kein Interesse zurückzugehen, denn das geht nicht.

Frage: Wenn Sie nach vorn blicken, wie sehen Sie die Lage in ihrer Heimat USA?

Antwort: Es ist schrecklich. Es gibt so viele wichtige Dinge, die wir tun müssten, vor allem mit Blick auf die Weltbevölkerung und den Schutz unseres Planeten. Und wir verschwenden unsere Zeit. (...) Es ist eine surreale Situation. Und ich bin wirklich verblüfft und erschüttert. Ich zweifle an meiner eigenen Fähigkeit zu begreifen, was in meinem Land politisch passiert. Es ist einfach unglaublich.

Frage: Sie haben sich in der Vergangenheit für viele Kandidaten der Demokraten im Wahlkampf eingesetzt. Wer ist aktuell ihr Favorit bei den Vorwahlen, um gegen US-Präsident Donald Trump zu bestehen?

Antwort: Ich komme aus Massachusetts und habe auf einen der beiden Kandidaten aus Massachusetts gehofft. Einer ist Deval Patrick, der unser Gouverneur war - und ein sehr guter. Und ich glaube, er wäre ein ausgezeichneter Präsident geworden. Die andere ist Elizabeth Warren, die unsere Senatorin ist. Aber für sie läuft es wohl nicht so gut. Die beiden sind meine Favoriten. Aber Deval Patrick ist schon ausgestiegen, was ich sehr schade finde.

Frage: Werden Sie sich auf jeden Fall wieder im Wahlkampf für die Demokraten engagieren, oder hängt das davon ab, wer sich durchsetzt?

Antwort: Das hängt davon ab, ob die der Meinung sind, dass es sich lohnt mich einzubinden, ob sie wollen, dass ich mich engagiere. Ich warte erstmal ab, ob es Anfragen gibt und von wem sie kommen. Aber ja, ich bin bereit dazu und halte mir den Zeitraum frei.

Frage: Wie viel können Sie als Musiker überhaupt bewirken?

Antwort: Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass es den Ausgang der Wahl kaum beeinflusst, aber es hebt die Stimmung der Menschen, die wirklich etwas bewirken. Manchmal spiele ich für die Leute, die da draußen an den Türen klingeln oder Leute zu den Wahlen fahren oder dafür sorgen, dass die Leute für die Wahl registriert sind. Und das ist eine Art Dankeschön für die großartige Arbeit, die sie machen.

Frage: Einer der Kandidaten ist erneut Bernie Sanders, der vielen in der eigenen Partei als zu sozialistisch gilt. Wie viel Sozialismus können die Demokraten im Duell gegen Trump vertragen?

Antwort: Die Gesellschaft ist mit der Zeit immer sozialistischer geworden, weil immer mehr Organisation und immer mehr Zusammenarbeit nötig wird. Was die Welt jetzt braucht, ist eine globale Kooperation, und für mich ist das die Bedeutung von Sozialismus. Aber in der amerikanischen Politik ist Sozialismus ein Schimpfwort. Dabei ist die Armee eine sozialistische Institution, auch jede Polizei. Alles, wofür der Steuerzahler bezahlt, die gesamte US-Regierung ist eine sozialistische Institution. Es ist doch absurd, für ein öffentliches Amt zu kandidieren und zu sagen, dass Sie den Sozialismus hassen. Sie sind Teil davon! Aber das Wort ist so oft verdreht worden, dass es unverwendbar ist.

Frage: Haben Sie jemals überlegt, selbst in die Politik zu gehen?

Antwort: Ja. Als Senator Ted Kennedy gestorben ist [im August 2009] gab es eine Art Vakuum, und ein paar Leute haben mit mir gesprochen. Vielleicht wäre das möglich gewesen. Aber ich liebe meinen Beruf wirklich. Und ich denke, ich bin von meinem Temperament her eben ein Künstler, wenn auch ein kommerzieller Künstler.

Frage: Sie meiden ansonsten das Rampenlicht, solange es nicht mit der Musik zu tun hat. Am Promi-Dasein hatten Sie nie Interesse?

Antwort: Nein, ich finde, das ist kein besonders guter Job. Einige Leute machen das gut, aber es ist etwas völlig anderes, als Musik zu machen. Ich finde, das lenkt nur ab. Und es verlangt deiner Familie und den Menschen um dich herum einiges ab. Ich hab dem nie getraut.

ZUR PERSON: James Taylor wurde 1948 in Boston, Massachusetts geboren. Der fünffache Grammy-Gewinner zählt mit mehr als 100 Millionen Alben zu den weltweit kommerziell erfolgreichsten Künstlern. Zu seinen bekanntesten Hits zählen die Songs "You've Got a Friend", "How Sweet It Is (To Be Loved by You)" und "Sweet Baby James".

Website James Taylor