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Alleskönner Musikmogul Quincy Jones wird 85

Im Unterhaltungsgeschäft ist der Mann so ziemlich jedem begegnet, hat so ziemlich alles gemacht. Quincy Jones hätte auf dem Zenit seiner Karriere locker Kulturbotschafter der USA werden können. Aber vermutlich hatte er dafür zu viele andere Dinge auf dem Zettel.

Von Johannes Schmitt-Tegge, dpa 13.03.2018, 11:51

Los Angeles (dpa) - Er hat eine Band angeführt, ist als Solo-Künstler und Nebenmann aufgetreten, hat Songs geschrieben, produziert und arrangiert, er hat ein Plattenlabel geleitet und Filmmusik komponiert.

Er hat Bücher geschrieben, Spielfilme auf die Leinwand gebracht und TV-Serien mitentwickelt. Das von ihm produzierte, bislang meistverkaufte Album überhaupt - Michael Jacksons "Thriller" von 1982 - ist in seiner Laufbahn fast eine Randnotiz. Quincy Jones, der am 14. März 85 Jahre alt wird, ist im Entertainment ein Alleskönner.

Im Gespräch ist der erste schwarze Mogul der US-Musikindustrie bis heute, vor allem als Michael Jackson-Kenner und -Versteher. Auch Jones selbst hatten es die Noten früh angetan. Der Teenager aus Chicago spielte Trompete und sang in einer Gospel-Gruppe, nach dem Umzug nach Seattle machte er mit Jugendfreund Ray Charles Musik.

Bald verschlug es ihn nach New York, wo er Titel für Count Basie, Tommy Dorsey und Dinah Washington arrangierte und als Trompeter die Band von Dizzy Gillespie anführte. Mit dem Unterricht bei Koryphäe Nadia Boulanger in Paris perfektionierte er sein Spiel weiter. Mit der Ernennung als Vizepräsident bei Mercury Records wurde Jones 1961 als erster Afroamerikaner musikalischer Leiter eines großen US-Plattenlabels - die schwarze Bürgerrechtsbewegung nahm da gerade erst Fahrt auf.

"Es ist immer noch abgefuckt", sagt Jones heute über Rassismus in Hollywood und den USA - aber nicht nur dort: "Wenn ich nach Dublin fahre, lässt (U2-Sänger) Bono mich in seinem Schloss wohnen, weil Irland so rassistisch ist." Auch Frank Sinatra, mit dem Jones in den 1960er Jahren arbeitete, habe ihn damals geschützt.

Komponist, Arrangeur, Produzent: Bei den größten Würfen seiner Karriere blieb Jones meist die still wirkende Kraft im Hintergrund, ob bei Aretha Franklin und Ray Charles, Miles Davis und Billie Holiday, Peggy Lee oder eben Michael Jackson. Mit seinen 27 Grammys ist Jones fast ungeschlagen, nur Alison Krauss (27) und Georg Solti (31), beide im Klassik-Genre zu Hause, haben den begehrtesten Musikpreis ähnlich häufig gewonnen. Nominiert wurde Jones 79 Mal. "Du machst deine Fehler und lernst, wie man an das gute Zeug kommt", zitiert ihn die Recording-Academy auf ihrer Website.

Seiner eigenen Laufbahn als Musiker sollte das aber keinesfalls Abbruch tun. Das Album "Body Heat" von 1974 schaffte es in die Top Ten der Billboard-Charts, weitere Alben kamen unter die oberen 20 Platzierungen. Nach der Diagnose eines lebensgefährlichen Aneurysmas, einer Aussackung der Blutgefäße im Gehirn, musste er sein Trompetenspiel allerdings einstellen.

Mit den Jackson-Alben "Off The Wall", "Thriller" und "Bad" (1987) hatte Jones den Gipfel des Popmusikgeschäfts erreicht. Und als sei das irgendwie nicht genug gewesen, schlug er parallel Schneisen in die Film-, Fernseh- und Zeitschriftenbranche: Soundtrack zu "Die Farbe Lila" von Steven Spielberg, Produzent der TV-Sitcom "Der Prinz von Bel Air", Herausgeber der Musikzeitschriften "Vibe" und "Spin". Unter der karitativen Arbeit blieb vor allem die Benefiz-Single "We Are the World" mit Jackson und Lionel Richie in Erinnerung. Teils wirkte Jones wie eine Art inoffizieller Kulturbotschafter der USA.

Am Ende gab es scheinbar fast nichts, was Jones im US-Entertainment nicht gemacht oder erlebt hatte - und darüber hört er sich offenbar auch gern selbst reden. Er packt Anekdoten zu den Beatles, Prince, David Bowie und Rapper Tupac Shakur aus, aber auch zu Malcolm X, Elon Musk, Truman Capote und Buzz Aldrin. Bei all diesen Begegnungen und Errungenschaften sei es "schwer zu glauben, dass sie alle die Erfahrungen eines einzigen Mannes sind", schrieb das Magazin "GQ" nach einem Interview im Januar. Ach, und dann wären da natürlich noch sieben Kinder aus drei Ehen und zwei weiteren Beziehungen.

Mit den Kendrick Lamars und Bruno Mars' von heute kann Jones durchaus etwas anfangen. Aber "wir brauchen mehr Songs, Mann. Verdammte Songs. Keine Hooklines", sagt er im Blick auf die Ohrwurm-Titel. Zur Frage, was er als Produzent für Sängerin Taylor Swift beispielsweise anders machen würde, sagt Jones: "Mir wird schon was einfallen."

Grammys zu Jones

"Vulture"-Interview

"GQ"-Interview