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Aufgespiesst: Ein Hoch auf die Hässlichkeit - Britischer Biologe kämpft für die Tiere, die nicht schön, aber selten sind Liebeserklärung an den Nacktmull

Von Miriam Otto 11.09.2013, 01:19

Magdeburg. Kuscheliges Fell, niedliche Knopfaugen, ein süßes Schnäuzchen - davon kann der Nacktmull nur träumen. Sein mickriger Flaum ist glanzlos. Die rosa-braune Haut schlabbert am wurmartigen Körper und wirft gnadenlos Falten. Die Schlitzaugen sind zugeschwollen, die Schneidezähne haben Überbiss.

Wie gut, dass das gruselige Geschöpf in den Wüsten Ostafrikas in unterirdischen Bauten lebt. So kann es wenigstens niemanden erschrecken.

Ein britischer Evolutionsbiologe sieht das anders. Er hat eine Gesellschaft zur Rettung hässlicher Tiere gegründet. Schließlich sind auch die "ästhetisch benachteiligten" Exemplare lebens- und liebenswert. Schleimige indische Nasenfrösche zum Beispiel. Sie hausen allein unter der Erde, trauen sich nur zwei Wochen im Jahr heraus. Oder schuppenlose, Gelee-artige Blobfische, die in 1200 Metern Tiefe im Pazifik vor sich hin wabern. Warum also so schüchtern, ihr heimlichen Schönheiten?

"Es stehen immer nur die niedlichen und kuscheligen Tiere im Rampenlicht", klagt der Forscher an Schulen und auf Festivals. Hunderte Arten seien schon wegen ihrer Hässlichkeit ausgestorben.

Gerade sucht er nach einem Wappentier. Wie wäre es mit dem Nacktmull, dessen Vollkommenheit sich erst beim näheren Hinsehen offenbart? Der Nager beherrscht 18 Laute, die wie Vogelzwitschern klingen. Er kann sogar seine Zähne einzeln bewegen. Putzig, dieser Mini-Säbelzahntiger. Wie sagte Christian Morgenstern: Schön ist eigentlich alles, was man mit Liebe betrachtet.