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Juristen warnen vor Ausnahmen beim Mindestlohn

20.01.2014, 07:07

Berlin/München - Die von der Union geforderten Ausnahmen vom geplanten Mindestlohn 8,50 Euro für einige Arbeitnehmergruppen stoßen bei Verfassungsjuristen auf massive Bedenken.

Eine solche Unterscheidung könnte gegen den Gleichheits-Grundsatz im Grundgesetz verletzen - zu diesem Ergebnis kommt der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags, wie zunächst die "Süddeutsche Zeitung" berichtete.

Aus den Reihen der Union waren Forderungen laut geworden, Studenten, Rentner, Zeitungsträger, Taxifahrer, Hilfs- und Saisonarbeiter vom geplanten Mindestlohn von 8,50 Euro auszunehmen. Im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD ist dazu nichts Konkretes festgelegt, wohl aber, dass mögliche Probleme - etwa bei der Saisonarbeit - im Dialog mit Arbeitgebern und Arbeitnehmern zu lösen seien.

In dem Gutachten, das die grüne Fachpolitikerin Brigitte Pothmer angefordert hatte, heißt es, der allgemeinverbindliche Mindestlohn sei eine Schutzvorschrift für Arbeitnehmer "im Hinblick auf eine angemessene Vergütung ihrer Arbeitsleistung". Gerechtfertigt sei eine Ungleichbehandlung allein durch "übergeordnete arbeitsmarkt- oder wirtschaftspolitische Gründe".

Rechtlich unproblematisch sind laut Bundestags-Gutachten Ausnahmen bei ehrenamtlich Tätigen, Auszubildenden oder Praktikanten in der Ausbildung. Andere Ausnahmen hat Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) bereits abgelehnt.

CSU-Chef Horst Seehofer wies die Bedenken zurück. "Das wäre ja abenteuerlich, zu glauben, ein Gesetzgeber könnte von einem Grundsatz keine Ausnahmen beschließen", sagte der bayerische Ministerpräsident in München. "Die müssen begründet sein, die müssen in sich stimmig sein, die dürfen nicht willkürlich sein."

Kritik an Seehofer äußerte die Grünen-Expertin Pothmer. Dessen Argument, Rentner bedürften keines Mindestlohns, weil sie nur etwas dazuverdienen wollten, rechtfertige die Abweichung vom Grundsatz der Gleichbehandlung nicht. Eine solche "Zubrot-Formel" bedeute letztlich "die Umdeutung des Mindestlohns zu einer bedürftigkeitsgeprüften Sozialleistung". Damit könnte "auch jeder erwerbstätigen Frau mit gut verdienendem Ehepartner der Mindestlohn vorenthalten werden - und umgekehrt", monierte Pothmer.