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Europarat mahnt Deutschland zu mehr Engagement gegen Rassismus

25.02.2014, 09:25

Straßburg - Der Europarat hat Deutschland zu einem schärferen Vorgehen gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus aufgerufen. In öffentlichen Debatten tauchten rassistische Hassreden auf, "ohne dass sie immer eindeutig verurteilt werden".

Das kritisiert die Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz des Europarates (ECRI). Der am Dienstag veröffentlichte Deutschlandbericht verurteilt auch Pannen bei der Aufklärung der Morde der rechtsextremen NSU-Terrorzelle.

Insbesondere die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) sei die "größte Quelle für Hassreden", heißt es weiter. Der Bericht nennt auch Ex-Bundesbank-Vorstand Thilo Sarrazin wegen anti-muslimischer Äußerungen in seinem Buch "Deutschland schafft sich ab".

Die Kommission prüft regelmäßig die Lage in den 47 Europaratsländern und gibt vertrauliche Empfehlungen, um Missstände zu beseitigen. Zu Deutschland wurden in den vergangenen 16 Jahren vier Berichte veröffentlicht. In diesem fünften Bericht verarbeiten die Experten die Reaktionen der Bundesregierung.

Organisationen und Parteien, die Rassismus fördern, sollten alle öffentlichen Gelder gestrichen werden, empfiehlt die Kommission. Sie wiederholte eine frühere Aufforderung, bei Straftaten eine rassistische Motivation als erschwerenden Umstand zu werten. Ausdrücklich bedauern die Experten, dass zwei entsprechende Versuche des Bundesrates 2008 und 2012 gescheitert seien. Bei Gerichtsurteilen werde nur "sehr selten" Rassismus als Grund für eine Straftat erwähnt.

Das Bundesjustizministerium betonte dazu, es bestehe "große Bereitschaft", die Empfehlungen zu prüfen und zu berücksichtigen. Im Bemühen, Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus zu bekämpfen, dürfe nicht nachgelassen werden. Für die SPD-Bundestagsfraktion sagte der rechtspolitische Sprecher Burkhard Lischka: "Der Bericht ist nicht nur ein Armutszeugnis für Deutschland, sondern auch ein deutliches Warnsignal."

Für die Linke im Bundestag begrüßten Ulla Jelpke und Sevim Dagdelen den Bericht. "Wir haben es nicht nur mit Ignoranz zu tun. Polizeibehörden und Regierungspolitiker leisten dem Rassismus in Deutschland vielfach aktiv Vorschub." Dagegen sagte Bilkay Öney, die SPD-Integrationsministerin in Baden-Württemberg, angesichts zahlreicher Initiativen gegen Rassismus sei die Kritik des Europarats "möglicherweise zu pauschal".

Der Europarat bescheinigte Deutschland auch Fortschritte seit dem letzten Bericht 2008. So leiste die Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) trotz ihres schmalen Budgets ausgezeichnete Arbeit, wie ein Kommissionsexperte der Nachrichtenagentur dpa sagte. Die ADS sollte mehr Geld bekommen, um Opfer von Rassendiskriminierung oder rassistischer Gewaltakte zu unterstützen, heißt es im Bericht.

Zum wiederholten Mal wird die Bundesregierung aufgefordert, das Protokoll der Europäischen Menschenrechtskonvention über das Diskriminierungsverbot zu ratifizieren. Dieses Protokoll aus dem Jahr 2000 verbietet die Diskriminierung aufgrund der Rasse, der Religion oder der politischen Anschauung. Allerdings haben bisher nur 18 der 47 Europaratsländer das Protokoll ratifiziert, darunter die Niederlande, Rumänien und Serbien.