1. Startseite
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Deutschland
  6. >
  7. CSU und SPD: Abrechnung mit der EU-Regulierungswut

CSU und SPD: Abrechnung mit der EU-Regulierungswut

05.03.2014, 15:28

Passau/Vilshofen - Beim politischen Aschermittwoch haben CSU und SPD auf wechselseitige Anfeindungen verzichtet und sich stattdessen die EU als Prügelknaben vorgeknöpft. Die Regulierungswut der Brüsseler Bürokratie ersticke die europäische Idee, schimpfte CSU-Parteichef Horst Seehofer in Passau.

Auch die SPD rügte gut zwei Monate vor der Europawahl einen Drang der EU, sich überall einzumischen. Die Grünen warfen der großen Koalition vor, die Energiewende auszubremsen. Die Linke pochte auf ein einheitliches Bildungssystem in ganz Deutschland.

Unter den Klängen des bayerischen Defiliermarsches betraten Seehofer und seine CSU-Parteikollegen die Dreiländerhalle. Besonderen Beifall von den 4000 Zuhörern erhielt der frühere Bundeslandwirtschaftsminister Hans-Peter Friedrich, der im Zuge der Edathy-Affäre sein Amt niedergelegt hatte. "Du hast unsere volle Solidarität, wir stehen an deiner Seite", sagte Seehofer zu seinem Parteikollegen, der den Zuspruch sichtlich genoss.

Seehofer rief mit Bezug auf das Vorjahr den "goldenen September mit zwei Wahl-Triumphen" in Erinnerung. Der CSU-Aschermittwoch sei der "Tag der Wahl-Gewinner". Unter Beifall sagte er: "Bayern ist jetzt wieder der schwärzeste Erdteil Europas."

Besonders EU-kritisch äußerte sich CSU-Vize Peter Gauweiler. Er nannte die Kommission ahnungslos und inkompetent. "Wir brauchen keine Einigung mit einer Flaschenmannschaft, die ganz Europa durcheinanderbringt", sagte Gauweiler. In der Krim-Krise ließ Gauweiler Sympathien für Russland erkennen und sprach sich gegen eine einseitige Parteinahme für die Ukraine aus.

Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte ihren traditionellen Aschermittwoch-Auftritt am Abend im vorpommerschen Demmin kurzfristig ab. Grund seien die Vorbereitungen des EU-Sondergipfels zum Konflikt zwischen Russland und der Ukraine, wie die Parteizentrale mitteilte.

EU-Parlamentspräsident Martin Schulz warb bei der SPD in Vilshofen leidenschaftlich für die europäische Idee, warnte aber ebenfalls vor übermäßiger Regulierung durch Brüssel. Vor dem Hintergrund der Krim-Krise verwies der SPD-Spitzenkandidat für die Europawahl auf die große Bedeutung der EU bei der Friedenssicherung. "Deshalb kämpfen wir doch darum, dieses Projekt zu verteidigen, zu bewahren, es besser zu machen."

Der Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag, Gregor Gysi, forderte vor gut 400 Anhängern auf einem Schiff in Passau eine bundesweite Vereinheitlichung des Bildungssystems. "16 verschiedene Bildungssysteme in 16 Bundesländern - das gehört ins 19. Jahrhundert, in die Zeit der Postkutschen."

Der Chef der Grünen-Bundestagsfraktion, Anton Hofreiter, forderte, Atom- und Kohlekraftwerke müssten vom Netz. Derzeit entstehe radioaktiver Müll für eine Million Jahre, aber nirgendwo auf der Welt gebe es ein brauchbares Endlager. "Was ist das für eine unglaubliche Anmaßung."

Parteichef Cem Özdemir wetterte in Köln gegen die große Koalition. "Wer dachte, dass die Wildsäue und Gurkentruppen vom Aussterben bedroht sind, wird eines Besseren belehrt in diesen Tagen", sagte er.

Der Vorsitzende der Alternative für Deutschland (AfD), Bernd Lucke, kritsierte in Osterhofen vor etwa 800 Anhängern, Seehofer habe alle Euro-Rettungsschirme abgesegnet, obwohl er zuvor stets dagegen gewesen sei. "Nichts ist an der CSU so charakteristisch wie ihre Charakterlosigkeit." Lucke rügte zudem den Schuldenberg Deutschlands, den "unsere Kinder und Enkel" abtragen müssten. "Man hat das Gefühl, dass sich niemand im Bundestag für unsere Kinder interessiert - außer Herr Edathy", fügte der fünffache Vater an. Vielen AfD-Anhängern verschlug es an dieser Stelle die Sprache.

Die FDP traf sich in Karlsruhe in Baden-Württemberg, wo sich die Redner Mut machten für die Wahlen im Mai und zugleich Fehler einräumten. Generalsekretärin Nicola Beer kritisierte ebenfalls die EU. Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Wolfgang Kubicki attackierte die der Große Koalition und besonders SPD-Chef Sigmar Gabriel, der ein "Fleisch gewordenes Nichts" sei.