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Sebastian Edathy "Ich bin ein Gegner von Kinderpornografie"

17.03.2014, 01:19

Berlin (dpa) | Der frühere SPD-Bundestagsabgeordnete Sebastian Edathy bestreitet, pädophil zu sein. Nach eigenen Worten ist er ein Gegner von Kinderpornografie. "Kindesmissbrauch ist verwerflich und ist zu bestrafen. Diesen habe ich weder begangen noch unterstützt", sagte der 44-Jährige dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". Sein Fall hatte im Februar die erste große Krise in der schwarz-roten Koalition ausgelöst.

Edathy verteidigte zugleich, dass er Nacktaufnahmen von Kindern und Jugendlichen gekauft hat. "Man muss daran keinen Gefallen finden, man darf es aber." Wenn jemand das nicht gut finde, "kann ich das verstehen", sagte er. In der Kunstgeschichte habe der männliche Akt aber eine lange Tradition, auch der Kinder- und Jugendakt.

Der Innenpolitiker, gegen den wegen des Verdachts auf Besitz von Kinderpornografie ermittelt wird, hält sich laut "Spiegel" an einem geheimen Ort in Südeuropa auf.

Edathy lehnte eine Entschuldigung ab. Die gekauften Nacktbilder seien nicht illegal. "Ich muss und werde mich für mein Privatleben nicht entschuldigen oder rechtfertigen. Niemand, der sich im privaten Bereich rechtskonform verhält, muss das." Der Schutz der Privatsphäre sei elementar für einen Rechtsstaat.

Edathy beklagte, er sei in Deutschland gewissermaßen verfemt. "Es ist eine völlig surreale Lage, in der ich bin: Meine Arbeit, meine Privatsphäre und mein Zuhause - alles das ist erst mal weg." Ihm fehle gegenwärtig die Fantasie zu sagen, "was ich wann aus meinem Leben machen kann".

Neonazis vor der Tür

Der Soziologe und Sprachwissenschaftler, dessen Vater in den 1960er Jahren aus Indien nach Deutschland kam, hatte Anfang Februar aus gesundheitlichen Gründen nach 15 Jahren sein Bundestagsmandat niedergelegt. Er ist unverheiratet und hat keine Kinder. Bekannt wurde der Innenpolitiker als Vorsitzender des NSU-Untersuchungsausschusses.

Im Zusammenhang mit der Edathy-Affäre ermittelt die Berliner Staatsanwaltschaft inzwischen gegen den als Bundesminister zurückgetretenen CSU-Politiker Hans-Peter Friedrich. Es geht um möglichen Geheimnisverrat. Er hatte im Oktober 2013 während der Koalitionsverhandlungen - als damaliger Innenminister - SPD-Chef Sigmar Gabriel darüber informiert, dass der Name Edathy bei Ermittlungen im Ausland aufgetaucht war.

Darüber hinaus gibt es auch massive Kritik an der niedersächsischen Justiz und am Bundeskriminalamt. Den Behörden wird vorgehalten, die Ermittlungen monatelang verschleppt zu haben.

Jörg Ziercke und das BKA waren in dem Fall unter anderem in die Kritik geraten, weil die Behörde den Namen des früheren SPD-Abgeordneten zunächst nicht auf der Kundenliste eines kanadischen Anbieters von Kinderporno-Material erkannt hatte.

Im "Spiegel"-Gespräch machte der Ex-Abgeordnete deutlich, dass er gern nach Deutschland zurückkehren würde. Ein Versuch sei aber bereits gescheitert. Er habe nach Hause reisen wollen, um einige persönliche Angelegenheiten zu regeln. "Ein Nachbar wies mich darauf hin, dass sich vor dem Haus drei Autos mit Journalisten und zwei mit Neonazis befinden würden. Ich habe auf die Fahrt dann verzichtet", sagte Edathy.

Kritik an Gabriel

Vorwürfe erhob er auch gegen seine Partei. Das von SPD-Chef Sigmar Gabriel angestrebte Ordnungsverfahren sei unhaltbar, bevor die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Hannover abgeschlossen seien. Er halte es für problematisch, "wenn die Kategorie des moralischen Verhaltens im privaten Bereich für ein Ausschlussverfahren leitend sein soll".

Edathy bedauerte, dass die SPD-Parteiführung bislang nicht in einem Satz seine Arbeit im Bundestag gewürdigt habe. "Das ist taktisch unproblematisch, wenn man hinreichend skrupellos ist."

Erneut bestritt er, Beweismittel beiseite geschafft zu haben. Sein verschwundener Bundestags-Laptop, von dem er nach seiner Erinnerung auch die fraglichen Nacktbilder bestellt habe, sei gestohlen worden - auf einer privaten Zugreise aus Nordrhein-Westfalen nach Amsterdam bei einem längeren Aufenthalt in Bad Bentheim.