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Koalition will mit geplanten Schulden auskommen

06.06.2014, 06:59
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) spricht in Berlin während einer Pressekonferenz. Foto: Michael Kappeler/Archiv
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) spricht in Berlin während einer Pressekonferenz. Foto: Michael Kappeler/Archiv dpa

Berlin - Die große Koalition will trotz zusätzlicher Milliarden-Lasten in diesem Jahr mit den bisher geplanten Schulden auskommen.

Die Netto-Kreditaufnahme soll 2014 wie im Budgetentwurf von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) veranschlagt bei 6,5 Milliarden Euro liegen. Das beschloss der Haushaltsausschuss des Bundestages in der Nacht zum Freitag bei den abschließenden Beratungen über den ersten Bundeshaushalt der großen Koalition.

Zur Finanzierung einer Lücke von mehr als drei Milliarden Euro im Etatentwurf Schäubles unterstellen Union und SPD nach der Leitzinssenkung durch die Europäische Zentralbank erneut geringere Zinsausgaben. Zugleich gehen sie von mehr Steuereinnahmen aufgrund der guten Konjunktur aus als noch bei der Steuerschätzung Anfang Mai unterstellt. Hinzu kommen Einsparungen bei Hartz-IV-Kosten sowie im Verteidigungsressort sowie bei bestimmten Garantieleistungen des Bundes.

Grüne und Linke werfen der Koalition eine Täuschung der Öffentlichkeit sowie Tricksereien bei der Steuerschätzung vor. Union und SPD weisen das zurück und sprechen von solide berechneten Etatplänen. Der Haushalt für 2014, der wegen des Regierungswechsels später beraten wurde, muss noch vom Bundestag gebilligt werden.

Nach elfstündigen Schlussberatungen in der sogenannten Bereinigungssitzung wurden die Gesamtausgaben des Bundes nun auf 296,5 Milliarden Euro gesenkt. Das sind 2 Milliarden Euro weniger als im Regierungsentwurf vom März. Darin schlagen sich vor allem geringere Zinskosten von 1,2 Milliarden Euro nieder.

Entlastung erhofft sich die Koalition von Steuermehreinnahmen in Höhe von 600 Millionen Euro. Das Arbeitslosengeld II wird inzwischen um 300 Millionen Euro niedriger angesetzt als im Regierungsentwurf. Wegen absehbarer Minderausgaben durch verzögerte Rüstungsprojekte muss das Verteidigungsressort mit 400 Millionen Euro weniger auskommen. Nach dem Bund-Länder-Kompromiss werden auch die für 2014 vorgesehenen Mittel für zusätzliche Bildungsausgaben nicht benötigt.

"So haben wir die Lücke geschlossen. Was daran unseriös sein soll, erschließt sich mir nicht", sagte der Haushaltsexperte der Unionsfraktion, Norbert Barthle (CDU). Für die korrigierte Steuerschätzung gebe es gute Gründe. Nach Darstellung des haushaltspolitischen Sprechers der SPD-Fraktion, Johannes Kahrs, ist genug Absicherung vorhanden, um unvorhergesehene Ereignisse auffangen zu können: "Da ist noch Flexibilität drin."

Insgesamt mussten die Haushälter der Regierungsfraktionen eine Finanzierungslücke in Schäubles Entwurf von etwa 3,4 Milliarden Euro schließen. Ziel von Union und SPD ist es, 2014 einen strukturell ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Hier werden Konjunktur- und Einmaleffekte ausgeklammert. Ab 2015 soll der Bund ganz ohne neue Schulden auskommen - erstmals seit 1969. Die Investitionen belaufen sich in diesem Jahr auf 29,85 Milliarden Euro, fast 300 Millionen Euro weniger als von Schäuble geplant.

Die Haushaltsexperten von Linken und Grünen, Roland Claus und Sven-Christian Kindler, kritisierten, dass die große Koalition die Steuerschätzung von Anfang Mai über Nacht einfach korrigiert habe und statt Einbußen nun Mehreinnahmen unterstelle. Er habe selten einen so unintelligenten Versuch erlebt, die Öffentlichkeit zu täuschen, sagte Claus.

Nach den Worten von Kindler ist die "eigene politische willkürliche Steuerschätzung" von Union und SPD ein außerordentlicher politischer Affront. Er warf dem Regierungsbündnis zugleich vor, sich eine Portokasse zu schaffen, um dank ungenutzter Kredite aus dem Vorjahr doch mehr Schulden machen zu können.