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Deutsche Waffenexporte Gabriel hat ein Panzerproblem

Waffen "Made in Germany" sind weltweit begehrt. Wirtschaftsminister Gabriel will hier eine restriktivere Exportpolitik.

12.06.2014, 01:24

Berlin (dpa) l Deutschland hat im vergangenen Jahr seine Rüstungsexporte in Länder außerhalb von EU und Nato auf Rekordhöhe gesteigert. Ihr Anteil legte im Vergleich zum Vorjahr von 55 auf 62 Prozent zu, wie aus dem am Mittwoch vom Kabinett beschlossenen Rüstungsexportbericht hervorgeht. Darunter sind mit Algerien, Katar, Saudi-Arabien oder Indonesien Länder, die für Menschenrechtsverletzungen bekannt sind.

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) kündigte an, künftig die Öffentlichkeit häufiger und so offen wie möglich über Rüstungsdeals zu informieren. Nach früheren Aussagen will er den Export vor allem von Kleinwaffen und Panzern einschränken.

Jan van Aken kritisiert Merkel als Waffenkanzlerin

Deutsche Rüstungskonzerne durften im Vorjahr für 135 Millionen Euro Kleinwaffen und Munition exportieren, ein Anstieg von rund 43 Prozent. Alle Genehmigungen wurden von der früheren Bundesregierung aus Union und FDP erteilt.

Der Rüstungsexperte der Linken, Jan van Aken, kritisierte: "Waffenexportkanzlerin Angela Merkel beliefert immer hemmungsloser auch noch den letzten Diktator mit deutschen Waffen. Fast zwei Drittel der Rüstungsexporte gehen mittlerweile in Länder außerhalb der Nato, das ist furchterregend."

Gabriel äußerte sich nach der Kabinettssitzung nicht persönlich. Er hatte eine Pressekonferenz schon vor Tagen abgesagt und ließ sich von einem Staatssekretär vertreten. Im Vorwort zum Kabinettsbericht erklärt er, dass die Regierung aus Rücksicht auf die Industrie auch künftig nicht über abgelehnte Exportanträge berichten könne.

Keine Kehrtwende bei der Rüstungsexportpolitik

Er warne davor, Rüstungsexporte allgemein zu skandalisieren. "Die Frage, ob die Summe der Rüstungsexporte sinkt oder steigt, kann nicht das alleinige Kriterium für den Erfolg oder Misserfolg der Exportpolitik sein." Es komme auf den Einzelfall an. Der Vizekanzler machte aber deutlich, dass Rüstungsexporte kein Mittel der Wirtschafts-, sondern der Sicherheitspolitik seien.

Im Wahlkampf hatten die Sozialdemokraten Einschnitte für die deutsche Rüstungsindustrie angekündigt, die hinter den USA und Russland als weltweite Nummer drei gilt.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ließ erklären, die Rüstungsexportpolitik sei schon immer restriktiv gewesen. "Von einer Kehrtwende kann mit Sicherheit nicht die Rede sein", betonte ihr Sprecher Steffen Seibert. Der Wirtschaftsflügel der Union kündigte Widerstand gegen Gabriels Pläne an. Auch der Chef des Rüstungskonzerns Airbus, Thomas Enders, drohte zuletzt zusätzliche Stellenstreichungen in deutschen Werken an, falls die große Koalition Ernst machen sollte.

5,85 Millionen Euro für Waffengeschäfte

Die Gesellschaft für bedrohte Völker meint: "Von der Einlösung seines Wahlkampfversprechens ist Gabriel noch weit entfernt".

Insgesamt beliefen sich die Einzelausfuhrgenehmigungen für Waffengeschäfte auf 5,85 Milliarden Euro. Die Sammelausfuhrgenehmigungen, die laut Wirtschaftsministerium pauschal an "besonders zuverlässige Ausführer" vergeben werden, lagen 2013 mit 2,5 Milliarden Euro unter dem Durchschnitt der Vorjahre. Einzel- und Sammelausfuhrgenehmigungen kamen im vergangenen Jahr zusammen auf einen Wert von 8,34 Milliarden Euro - nach 8,87 Milliarden Euro im Jahr 2012.