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Haariger Streit Ein Skalp kommt auf den Prüfstand

Das Karl-May-Museum muss sich mit der heiklen Herkunft einiger Exponate beschäftigen: 17 Skalpe befinden sich in Besitz der Einrichtung, auf einen davon erhebt ein Indianerstamm aus den USA Anspruch. Die Ureinwohner fordern, dass das Relikt dem Stamm zurückgegeben wird.

20.08.2014, 01:19

Radebeul (epd/vs) l Es ist eine schwierige Aufgabe, die den Mitarbeitern des Radebeuler Karl-May-Museums bevorsteht: Sie müssen einen Skalp aus ihrer Sammlung untersuchen, auf den ein Indianer-Stamm aus den USA Anspruch erhebt. Im Inventar der Einrichtung befinden sich 17 Skalpe, von denen bei mindestens drei klar ist, dass sie Fälschungen sind. "Die 14 anderen sind noch nicht ausreichend untersucht, um ihre Echtheit zu bestätigen", erklärt Kustos Hans Grunert im Gespräch mit der Volksstimme.

Dass sich das Museum ausgerechnet jetzt mit der Herkunft der Trophäen beschäftigen muss, liegt am Indianerstamm der Ojibwa. Von einem Kontaktmann aus Berlin hat der Stamm von der Existenz und Ausstellung eines Skalp erfahren. Der Skalp soll einem Vorfahren des Stammes gehören. Wie es auf der Nachrichtenseite Spiegel-Online heißt, haben Vertreter des Stammes in einem offenen Brief an die Geschäftsführerin des Museums, Claudia Kaulfuß, gebeten die Ausstellung des Skalps zu unterbinden und das Stück zurückzugeben. Die Museumsleitung war sich indes nicht sicher, inwieweit die Ansprüche des Stammes korrekt seien und wollte das Stück nicht ungeprüft herausgeben. In einigen Medien wurde das als Verweigerungshaltung interpretiert, den Verantwortlichen aber geht es um die Sorgfaltspflicht: "Es ist überhaupt nicht klar, welche Skalpe echt sind und von welchem Stamm sie kommen", sagt Hans Grunert. Um sich über die Ansprüche auszutauschen, hat es im Mai ein Gespräch zwischen dem Stammesvertreter der Ojibwa, Cecil Pavlat, und der Museumsleitung gegeben. Kustos Grunert dazu: "Das Gespräch verlief freundschaftlich und in einer angenehmen Atmosphäre."

Auch der Stamm wird an den Nachforschungen teilnehmen. "Die Ojibwa müssen selbst erst einmal prüfen, ob es in der fraglichen Zeit einen Stammeshäuptling gegeben hat, der skalpiert worden sein könnte", sagt Grunert. Dass über die Herkunft der Skalpe keine sicheren Aussagen getroffen werden können, liegt am Gründer des Karl-May-Museums. Patty Frank, ein Deutscher, der um 1904 durch die heutigen USA reiste, will die 17 Skalpe für etwa 1100 Dollar und zwei Flaschen Whiskey von einem Indianer gekauft haben. "Frank war aber wie Karl May selbst", sagt Kustos Grunert und warnt vor den Erzählungen des Abenteurers. "Er hat auch gern Geschichten erzählt, die muss man mit Vorsicht genießen."

Ob der Stamm das Skalp zurückbekommen wird, ist indes noch nicht klar. Gegenüber der New York Times erklärte Kustos Grunert, dass Skalpe bisher als Kriegstrophäen gelten würden. Er erklärte auch, dass eine Rückgabe nur infrage kommt, wenn die Besitzansprüche eindeutig und abschließend geklärt seien.

Bis zum 31. August, so haben sich Museumsleitung und Stammesvertreter geeinigt, wird das Museum einen Zeitpan vorlegen, nach dem der fragliche Skalp untersucht werden soll. Vorerst werden die Skalpe jedenfalls nicht mehr ausgestellt und sind in der ständigen Ausstellung des Museums durch Attrappen ersetzt worden. In den USA ist das Ausstellen von Skalpen schon seit den 1990er Jahren verboten. Museen haben Skalpe aus ihren Beständen an die jeweiligen Stämme zurückgegeben, die so die Teile ihrer Vorfahren bestatten konnten. Dies geht auf ein US-Gesetz zurück, das es so in Deutschland nicht gibt.