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"Pegida"-Bewegung mobilisiert Anhänger wie Gegner

23.12.2014, 06:07
«Pegida»-Anhänger in Dresden beim «gemeinsamen Weihnachtsliedersingen» auf dem Platz vor der Semperoper. Foto: Kay Nietfeld
«Pegida»-Anhänger in Dresden beim «gemeinsamen Weihnachtsliedersingen» auf dem Platz vor der Semperoper. Foto: Kay Nietfeld dpa

Dresden/München - Gegen die islamfeindliche "Pegida"-Bewegung formiert sich bundesweit immer mehr Widerstand. In mehreren deutschen Städten gingen am Montagabend mehr als 20 000 Menschen auf die Straße, um ein Zeichen für Toleranz und Weltoffenheit zu setzen.

Zugleich versammelten sich aber auch in Dresden so viele "Pegida"-Anhänger wie noch nie. Laut Polizei mobilisierte das Bündnis rund 17 500 Menschen und damit noch einmal 2 500 mehr als in der Vorwoche.

Dabei werden die Töne schärfer. Insbesondere eine Rede habe an mehreren Stellen den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllt, sagte der Politikwissenschaftler Werner Patzelt am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur. Bei der Kundgebung hatten Redner unter großem Beifall auch Bundespräsident Joachim Gauck, Kanzlerin Angela Merkel und Sachsens Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich attackiert.

Angekündigt hatte "Pegida" ein gemeinsames Weihnachtssingen vor der Semperoper. Tatsächlich wurden Verunglimpfungen von Politikern und Beschimpfungen von Journalisten ebenso begeistert bejubelt wie ausländerfeindliche Parolen. Medienvertreter wurden mit dem tausendfach skandierten Ruf "Lügenpresse" begrüßt.

Aus Protest gegen die "Pegida"-Veranstaltung zogen 4500 Gegendemonstranten durch die Stadt, rund 400 Menschen kamen zu einem ökumenischen Friedensgebet. Zeitgleich gingen in anderen deutschen Städten Tausende auf die Straße, um gegen Rassismus und Ausgrenzung zu demonstrieren. Allein in München versammelten sich nach Schätzungen der Polizei mindestens 12 000 Menschen, die Veranstalter sprachen sogar von 25 000.

Der Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD), Kirchenvertreter und Künstler sprachen sich entschieden gegen jede Form von Fremdenhass und Ausländerfeindlichkeit aus. In Kassel stellten sich rund 2000 Demonstranten einer Gruppe "Kassel gegen die Islamisierung des Abendlandes (Kagida)" entgegen, in Bonn protestierten rund 2500 Menschen gegen eine islam-kritische Kundgebung mit 200 Teilnehmern.

Am kommenden Montag will "Pegida" auf eine Kundgebung in Dresden verzichten. Das Bündnis "Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes" wendet sich gegen eine angebliche "Überfremdung" Deutschlands. Genährt wird die Bewegung, die auch Menschen aus dem bürgerlichen Lager auf die Straße lockt, nach Ansicht von Experten von einer diffusen Angst vor sozialem Abstieg. Unter dem Ruf "Wir sind das Volk" schließen sich seit Wochen immer mehr Menschen diesen sogenannten Montagsdemonstrationen an.

Mehr als 50 DDR-Bürgerrechtler protestierten am Dienstag gegen die Vereinnahmung der friedlichen Revolution. Der Ruf "Wir sind das Volk" habe 1989 für Freiheit, Toleranz und Weltoffenheit gestanden, unterstrichen die Akteure des friedlichen Wandels in der DDR. "Ihr sprecht nicht für \'89, ihr sprecht für keine Freiheitsbewegung, ihr seid deren Schande", heißt es am Schluss der Erklärung.

Der stellvertretende Vorsitzende der rechtskonservativen Alternative für Deutschland, Alexander Gauland, wirft "Pegida"-Kritikern hingegen vor, die Bewegung pauschal zu diffamieren. "Kaum eine Demonstration ist in der letzten Zeit friedlicher, gewaltfreier und anständiger verlaufen als jene von "Pegida"", erklärte Gauland.