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Nach Pegida-Absage: Merkel will Demonstrationsrecht schützen

19.01.2015, 06:30

Berlin - Kanzlerin Angela Merkel will eine Beschädigung des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit wegen Terrordrohungen nicht hinnehmen und notfalls auch Hilfe des Bundes mobilisieren.

Die CDU-Vorsitzende reagierte damit auf das Verbot aller Demonstrationen in Dresden am Montagabend - sowohl der islamkritischen Pegida als auch ihrer Gegner.

Ableger der Pegida wollten am Montagabend jedoch wieder Kundgebungen in anderen Städten abhalten. In Düsseldorf, Kassel und Stralsund beteiligten sich insgesamt einige Hundert Menschen an islamkritischen Demonstrationen.

Die Gegendemonstrationen zogen wesentlich mehr Menschen an. Allein in München gingen 10 000 Menschen für eine offene und tolerante Gesellschaft auf die Straße, in Flensburg waren es 2500. In Braunschweig wurde eine Veranstaltung der Bewegung Bragida ("Braunschweig gegen die Islamisierung des Abendlandes") abgebrochen. 250 Bragida-Anhänger waren von etwa 5000 Gegendemonstranten förmlich eingekreist worden.

"Falls der Bund hilfreich sein kann, um solche Demonstrationen abzusichern, werden wir - wenn wir gebeten würden (...) - natürlich dafür Sorge tragen", sagte Merkel am Montag in Berlin. Pegida will schon am kommenden Montag wieder in der sächsischen Landeshauptstadt demonstrieren.

"Ich habe als Bundeskanzlerin, unbeschadet ob mir die Inhalte gefallen, ein Interesse daran, dass an jedem Ort in Deutschland demonstriert werden kann, weil es sich um ein Grundrecht handelt", sagte Merkel. Demonstrationsfreiheit sei ein hohes Gut. "Ein solches hohes Gut muss, so weit als möglich, geschützt sein."

Infrage kommt laut Gewerkschaft GdP die Bundespolizei - besonders bei großen Einsätzen mit hoher Polizeipräsenz, die generalstabsmäßig koordiniert werden müssen. Eine Sprecherin des Innenministeriums wies am Montag den Eindruck zurück, die Bundespolizei habe Probleme, solchen Anforderungen gerecht zu werden.

Wegen einer Terrordrohung von Islamisten gegen die "Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes" (Pegida) hatte die Polizei am Sonntag alle Versammlungen unter freiem Himmel in Dresden an diesem Montag verboten. Der Grund: eine Morddrohung gegen Pegida-Gründer Lutz Bachmann.

Pegida will in der sächsischen Hauptstadt dennoch weitermachen. "Das Recht auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit wollen wir uns nicht nehmen lassen", erklärte Mitbegründerin Kathrin Oertel. Die Demo-Absage "bedeutet nicht, dass wir uns mundtot machen lassen". Die Fraktionschefin der rechtskonservativen, Pegida nahestehenden AfD im Dresdner Landtag, Frauke Petry, forderte die Organisatoren auf, ihre Zwangspause auch zum Nachdenken zu nutzen. Die Bewegung müsse sich klar werden, welche Ziele sie eigentlich habe, sagte Petry MDR Info.

Auch Pegida-Gegner zeigten sich erschüttert über das Verbot. Egal was von den Pegida-Positionen zu halten sei - "soweit der Protest nicht gegen unsere Gesetze verstößt, ist er durch die Meinungsfreiheit gedeckt", sagte Justizminister Heiko Maas (SPD). Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter meinte im ZDF: "Diese Pegida-Demonstration ist widerlich. Aber natürlich haben unsere Behörden dafür zu sorgen, dass auch diese widerlichen Meinungsäußerungen möglich sind."

Kundgebungen waren auch in Berlin, Düsseldorf, Wiesbaden, Magdeburg und Saarbrücken geplant.

Pegida-Frontmann Bachmann erklärte in einer Video-Botschaft: "Wir arbeiten mit Hochdruck an einer Sicherheitslösung für die kommenden Montage." Er forderte die Pegida-Anhänger auf, Ableger in anderen Städten zu besuchen. Zuletzt hatten in Dresden 25 000 Menschen demonstriert.

Innenminister Thomas de Maizière (CDU) verteidigte das umstrittene Versammlungsverbot in Dresden. Dies sei "eine verantwortliche und verantwortbare Entscheidung der sächsischen Behörden" gewesen, sagte er in Frankfurt/Oder. Es sei immer eine schwierige Aufgabe abzuwägen, ob ein Hinweis belastbar sei oder nicht. "Stellen Sie sich einmal vor, man würde einen Hinweis übergehen", betonte der Ressortchef.

Die deutschen Innenminister sehen neben Dresden derzeit keine weitere konkrete Anschlagsgefahr für Demonstrationen. "Wir haben überhaupt keine weitergehenden Hinweise bekommen", sagte der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Roger Lewentz (SPD), der Deutschen Presse-Agentur nach einer Telefonkonferenz der Ressortchefs.