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Nach Karlsruher Urteil Geteilte Reaktionen zum Betreuungsgeld

Aus für das umstrittene Betreuungsgeld: Das Bundesverfassungsgericht hat
die gesetzlichen Bestimmungen für verfassungswidrig erklärt. In
Sachsen-Anhalt begrüßen Linke, SPD und Grüne das Urteil. Die CDU
reagiert gelassen.

Von Michael Bock 22.07.2015, 09:15

Magdeburg l Das Betreuungsgeld war auf Drängen der CSU im August 2013 eingeführt worden. Eltern, die ihr Kleinkind nicht in einer staatlich geförderten Kita oder Tagespflege betreuen lassen, erhalten derzeit monatlich 150 Euro. Der Anspruch gilt für Kinder zwischen dem 15. und 36. Lebensmonat. Die SPD lehnte das Betreuungsgeld zunächst ab, trug es in der großen Koalition aber mit.

Im laufenden Bundeshaushalt sind für das Betreuungsgeld 900 Millionen Euro veranschlagt. Die freiwerdenden Mittel sollten Kindern und Familien zugutekommen, zum Beispiel durch eine verbesserte Kinderbetreuung, sagte Familienministerin Manuela Schwesig (SPD).

Ein Sprecher von Sachsen-Anhalts Familienminister Norbert Bischoff (SPD) sagte: " Das Bundesverfassungsgericht hat mit dem Betreuungsgeld ein Modell gekippt, das in Sachsen-Anhalt ohnehin niemals richtig zur Entfaltung gekommen ist." Sachsen-Anhalt habe seit 1991 einen Rechtsanspruch auf Kindertagesbetreuung für alle Kinder von der Geburt an. Den würden die Eltern nutzen.

Laut aktueller Bundesstatistik bekamen im ersten Quartal 2015 in Sachsen-Anhalt etwa 1700 Eltern Betreuungsgeld, weil sie ihre Kleinstkinder zu Hause betreuten. Derzeit sind 29 700 Kinder im Alter bis drei Jahren in den Einrichtungen; das sind etwa 58 Prozent aller Kinder in dem Alter. Betreuungsgeld wurde hingegen für 3,3 Prozent der Anspruchsberechtigten gezahlt.

Ministerpräsident Reiner Haseloff CDU) sagte: "Bei der Kinderbetreuung ist Sachsen-Anhalt bundesweit ganz vorne." Insofern habe das Urteil keine gravierenden Auswirkungen für das Land.

Der CDU-Fraktionsvize im Landtag, Markus Kurze, erklärte: "Wir könnten uns vorstellen, Elterngeld und Betreuungsgeld zu kombinieren, um daraus ein Landeserziehungsgeld zu finanzieren." Dies könne bis zu drei Jahre gezahlt werden. Die Eltern würden frei wählen, ob sie ihre Kinder in der Elternzeit ein, zwei oder drei Jahre zu Hause betreuen möchten.

Monika Hohmann (Linke) sagte, das Urteil sei "absolut zu begrüßen". Ihre Partei habe das Betreuungsgeld stets abgelehnt. Es benachteilige insbesondere Frauen und enthalte den Kindern frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung vor, die sie am dringendsten bräuchten. Hohmann: "Viele Studien haben bewiesen, dass das Betreuungsgeld finanzpolitisch, familienpolitisch, integrationspolitisch, frauenpolitisch und wirtschaftspolitisch Unsinn ist."

Die Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Katrin Budde, kommentierte das Urteil so: "Damit ist das Betreuungsgeld tot, und das ist gut so." Das Betreuungsgeld sei von Anfang an der falsche Weg gewesen, betonte sie. "Damit wurden völlig falsche Anreize geschaffen", so die SPD-Politikerin. "Leidtragende einer solchen Politik sind die Kinder, denen die frühen Bildungsangebote entgehen, von denen ihre Altersgenossen profitieren. So schafft man Startnachteile in der Schule."

Grünen-Landeschefin Cornelia Lüddemann sagte: "Gerade fachlich gesehen, ist das Betreuungsgeld der völlig falsche Weg." Das Geld gehöre in die Infrastruktur der Kinderbetreuung, in die frühkindliche Bildung.