1. Startseite
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Die Krise ist nicht mehr ganz so schrecklich

ESM-Manager verweist in Magdeburg auf erste Hoffnungsschimmer in Südeuropa Die Krise ist nicht mehr ganz so schrecklich

Von Steffen Honig 30.05.2013, 03:14

Der Euro-Rettungsfonds ESM ist für die meisten ein nebulöses Konstrukt. Am Dienstag erhielt die Behörde in Magdeburg ein Gesicht. Aus Luxemburg war Rolf Strauch vom ESM-Vorstand zu einer Diskussion der Ebert-Stiftung über das Markt-Versagen und die Krisenbewältigung gekommen.

Strauch hat eine hoffnungsvolle Botschaft im Gepäck: Die Eurokrise beginnt ihren Schrecken zu verlieren, bei allen noch bestehenden Risiken und Nachwirkungen. Der Manager, über die Bundesbank und Europäische Zentralbank zum ESM gekommen, tut dies jedoch nicht plakativ kund, sondern anhand von Zahlen und Fakten, die er analysierte. Es zeigte sich, dass auch ein Vortrag im Stil einer BWL-Vorlesung durchaus 200 Gäste fesseln kann, wenn ein Thema - wie die Euro-Rettung - spannend genug ist.

ESM-Manager Strauch verweist darauf, dass die Strategie im Vierklang von Haushaltskonsolidierung, Abstimmung in der Währungsunion, Stärkung des Bankensystems und den Rettungsschirmen Erfolg gezeigt habe. Er vergleicht die Jahreskurven von Leistungsbilanzen und Lohnstückkosten der Krisenländer und Deutschlands, die sich klar annähern würden. Das sei kein schmerzfreier Prozess: "Bei Maßnahmen wie in Griechenland wären die Menschen in Deutschland auch schon auf der Straße. Aber der Effekt ist da." Noch weit entfernt sei Europa jedoch von dem nötigen integrierten Finanzmarkt.

Mit den Mechanismen des Marktes beschäftigt sich Wirtschaftsprofessor Horst Gischer von der Magdeburger Guericke-Universität, ebenfalls als Experte geladen. Für ihn ist nicht die Eurokrise an sich überraschend. "Bedrohlich sind vielmehr die Volumina", meint er.

Hier hakt Volksstimme-Chefredakteur Alois Kösters als Moderator ein und verweist auf "unendliche Milliardenbeträge", die fällig werden würden, wenn doch alles schiefginge. Dazu müsse es eben nicht kommen, betont ESM-Vorstandsmitglied Strauch. Deutschland profitiere derzeit sogar von den niedrigen Zinsen. Die Entwicklung in Griechenland sei in den vergangenen Monaten besser verlaufen als erwartet, eine "Schuldentragfähigkeit" ab 2020 möglich. Über den Berg sei das Land freilich noch nicht.

Für Strauch ist ein nächster wichtiger Schritt zur Konsolidierung des europäischen Finanzwesens die Schaffung einer Bankenunion. Professor Gischer hat aber gelinde Zweifel, dass sich gerade bei den Banken etwas wesentliches ändern werde. Trotz aller Absichtserklärungen der G-20-Staaten sei seit Ausbruch der Finanzkrise nichts passiert, moniert der Ökonom. Für ihn ist klar: "Da müssen wir ran." Strauch widerspricht: "Wir haben unsere Unterstützung für die minutiösen Umstellungspläne gegeben, zum Beispiel bei spanischen Banken in drei Stufen."

Gischer bleibt dabei: Gegen zu große Bankinstitute mit ihrem Krisenrisiko bei einer Pleite müsse "rigoros" vorgegangen werden. Die geplante Bankenaufsicht ist ihm auch nicht geheuer. Er hält sie für einen "bürokratischen Moloch", der vielleicht für die Branchengrößen wichtig sei, die mittelständischen Geldinstitute aber nur mit Bergen von Papier überschütten werde. Das sieht ESM-Manager Strauch anders: Für ihn heißt Bankenaufsicht vor allem klare Regeln, die für alle gelten.

Mit der großzügigen Auslegung des Euro-Stabilitätspaktes im Sinne Frankreichs hat der Banker hingegen kein Problem. Strauch: "Nicht jede Flexibilität ist zu verteufeln." Sonst hätte auch Deutschland bestraft werden müssen, als es in Vorkrisenzeiten die Drei-Prozent-Hürde riss. Es blieb beim Tadel.