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Kanzlerin in Vermittler-Rolle In der Ukraine-Krise schlägt die Stunde der Diplomaten

06.03.2014, 01:18

Das letzte Februar-Wochenende war zunächst getragen von der Euphorie des Umsturzes in Kiew. Die radikale Vollstreckung des auch vom deutschen Außenminister Steinmeier ausgehandelten Kompromisspapiers markiert aber vielmehr die tragische Wende der ukrainischen Revolution. Aus der innenpolitischen Krise ist ein internationaler Konflikt schwer einzuschätzenden Ausmaßes geworden.

Dass die Opposition handstreichartig die Macht in Kiew übernommen hatte, nutzte der russischen Präsident Putin als Steilvorlage. Binnen Stunden schnitt Russland mit der Krim den fragilsten Teil der Ukraine ab - völkerrechtswidrig und unter der fadenscheinigen Begründung, den angeblich unterdrückten russischen Landsleuten beizustehen.

Nachsinnen über Reaktion

Seither sinnt die westliche Welt über eine angemessene Reaktion auf die russische Besetzung der Schwarzmeer-Halbinsel nach. Die Vorstellungen sind unterschiedlich. Den USA sind sofort Sanktionen eingefallen (Präsident Obama) und der Ausschluss Russlands aus der Gruppe der G-8-Staaten (Außenminister Kerry). Die Deutschen fassen Zwangsmaßnahmen und mithin eine forcierte Isolierung Russlands mit spitzen Fingern an und wollen lieber prüfen und verhandeln.

Aber auch die Bundesrepublik hat sich der G-7-Initiative angeschlossen, die Vorbereitungen auf den geplanten G-8-Gipfel in Sotschi vorerst einzustellen. Kanadas Premier Harper hat gar vorgeschlagen, als Gegenveranstaltung zu Sotschi einen separaten G-7-Gipfel abzuhalten.

Putin tut bisher so, als ginge ihn das Ganze nur bedingt etwas an. Er hielt vor ausnahmslos einheimischen Journalisten Hof bei einer Pressekonferenz und dimmte eine mögliche Kriegsgefahr herunter.

Börse als Seismograph

Das schlug auf die ins Trudeln geratenen internatonalen Börsen durch - die Kurse zogen sofort wieder an. Der Ausschlag des Seismographen der Wirtschaft spricht dafür, den Dialog zu favorisieren, um Schlimmeres zu verhindern. Daran ist besonders Deutschland durch die enge Verflechtung mit Russland interessiert. Die Bundesrepu-blik exportiert Maschinen, Autos oder Elektrotechnik, Russland Erdöl und Gas.

Kanzlerin Merkel und Außenminister Steinmeier haben entscheidend auf die Ukraine-Kontaktgruppe hingewirkt, die sich am Mittwoch zum ersten Mal traf. Eine militärische Beobachtermission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) soll die Lage auf der Krim sondieren.

Die Bundeskanzlerin ist in dieser Krise in eine vermittelnde Sonderrolle geraten. Ihr wird von den Verbündeten der größte Einfluss auf den russischen Präsidenten zugetraut - weil sich beide ewig kennen und so manchen Strauß miteinander ausgefochten haben. Der Kontakt zwischen beiden scheint erfolgversprechender als der zwischen Putin und Obama. Zu sehr beißt sich imperiale russische Großmachtpolitik mit der visionär-schwammigen Außenpolitik der Amerikaner.

Der fast bankrotten Ukraine helfen die USA und die EU inzwischen mit Milliarden. Das passt nicht allen, auch im Westen. CSU-Vize und Partei-Querkopf Peter Gauweiler tat am Aschermittwoch kund: "Und wir lassen es nicht zu, dass das europäische Russland von der Ukraine und von anderen ausgegliedert wird." Das wäre eine Kreml-Audienz wert.