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Prorussischen Separatisten Sprengen Oligarchen abtrünnige "Volksrepubliken" in der Ukraine?

Von Steffen Honig 21.05.2014, 03:21

Donbass | Immer, wenn es im chaotischen Rumänien Anfang der 1990er Jahre für den damaligen Präsidenten Ion Illescu eng wurde, mobilisierte er die Bergarbeiter. Sie marschierten dann nach Bukarest und retteten dem Staatschef mehrfach Haut und Amt. Belohnt wurden sie mit diversen Vergünstigungen.

Eine Autorität sind auch die Bergleute im ostukrainischen Donbass, auf die der reichste Mann des Landes, Rinat Achmetow, bauen kann. Er ist der große Boss der Kumpel, die mit Gehorsam ihre Arbeitsplätze zu sichern hoffen. Die kampftüchtigen Männer waren bereits als Ordnungskräfte in der Region zu sehen.

Die wirren Verhältnisse in der Ostukraine mit fiktiven Volksrepubliken, prorussischen Aktivisten und ukrainischen Anti-Terror-Einheiten sind Gift für den Bergbau. Das gefährdet die Einkommen der Bergleute und die Profite Achmetows.

Dem Oligarchen ist nun der Kragen geplatzt: "In den Städten herrschen Banditen und Marodeure. Die Menschen sind es leid, in Angst zu leben", wetterte er in einer Videobotschaft. Er rief zum Widerstand gegen die prorussischen Separatisten auf und zweifelte die von ihnen erklärte "Volksrepublik Donezk" an. Der Innenminister der Führung in Kiew, Arsen Awakow, frohlockte: "Rinat Achmetow - endlich Energie. Ich hoffe, dass der Donbass ihm glauben wird", schrieb er auf Facebook.

Die wahren Herren

Die Zentralregierung hatte seit Beginn der Unruhen nicht auf Politiker und Beamte gesetzt, um die Lage in den Griff zu bekommen, sondern auf die wahren Herren der Region: die Oligarchen. Bevor die Separatisten zuschlugen, war in Donezk noch der schwerreiche Unternehmer Sergej Taruta zu Gouverneurs-Ehren gekommen. Obwohl es Kiew an einer Strategie fehlt, um einer Spaltung des Landes zu begegnen - der angestrebte Bund mit den Oligarchen könnte sich als probates Mittel erweisen.

Zumal den prorussischen Rebellen offenbar die Luft ausgeht. "Ich hätte nie gedacht, dass sich in der ganzen Region nicht einmal 1000 Männer finden, die bereit sind, ihr Leben zu riskieren", klagte am Montag Igor Strelkow, seines Zeichens Verteidigungsminister der Volksrepublik Donezk, via Videobotschaft. Stattdessen machten es sich Hunderttausende in der Region vor dem Fernseher bequem und verfolgten die Kämpfe von dort aus.

Preis ist Autonomie

Was, wenn Achmetows Leute nun zu Tausenden aus der Deckung kommen und gegen die prorussische Pseudo-Regierung Front machen? Der Spuk rings um Lugansk und Donezk könnte ganz schnell vorbei sein.

Doch bis zum sonntäglichen Wahltermin in der Ukraine ist nicht mehr viel Zeit. Die Kiewer Führung musste bereits eingestehen, dass es mit der landesweiten Abstimmung wohl nichts wird, weil die Regierung im äußersten Osten keinen Einfluss hat.

Gewählt werden soll trotzdem. Wenn Kiew mit Hilfe der Bataillone der Oligarchen früher oder später die Macht bis zur russischen Grenze wiedererlangen sollte, wäre der Preis die Autonomie des Ostens. Eine Zentralmacht wie ehedem wird es nicht wieder geben. So sehr die Oligarchen jetzt mit Patriotismus und Einheitswillen operieren - letztlich denken sie an die eigenen Geschäfte.