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Machtkampf um Wowereits Nachfolge

Berlins Regierender Bürgermeister Wowereit zieht sich aus der Politik zurück. In der SPD entbrennt der seit langem schwelende Machtkampf.

27.08.2014, 06:58

Berlin (dpa) l Nach mehr als 13 Jahren als Regierender Bürgermeister Berlins hat Klaus Wowereit (SPD) seinen Rücktritt angekündigt. Er stelle seinen Posten zum 11. Dezember zur Verfügung, sagte der dienstälteste Landesregierungschef am Dienstag im Roten Rathaus. Um seine Nachfolge entbrannte in der Berliner SPD ein Machtkampf. Der Landesvorstand der Partei beschloss, dass es einen Mitgliederentscheid über die Nachfolge geben soll. In der Opposition wurde die Forderung nach Neuwahlen laut.

Beliebtheit sank

"Ich gehe freiwillig", versicherte Wowereit. Jedoch habe die parteiinterne Diskussion um seine Person der Regierungsarbeit geschadet, sagte der 60-Jährige. Die Entscheidung zwei Jahre vor Ablauf der Legislaturperiode sei ihm nicht leichtgefallen. Er sei stolz, seinen Beitrag zur positiven Entwicklung der Hauptstadt geleistet zu haben.

Der Regierungschef führt seit November 2011 eine rot-schwarze Koalition. Erstmals war Wowereit im Juni 2001 zum Regierenden Bürgermeister der Hauptstadt gewählt worden. Zwei Wahlperioden regierte er mit der Linken. Von 2009 bis 2013 war er einer der stellvertretenden Bundesvorsitzenden der SPD.

Zuletzt war die Beliebtheit Wowereits rapide gesunken. Vor allem das Desaster um den Bau des Großflughafens Berlin-Brandenburg hatte am Ansehen des Regierungschefs gekratzt. Für Wowereit, der auch den Posten als Aufsichtsratschef der staatlichen Flughafengesellschaft abgeben will, war das Projekt eines seiner wichtigsten. Die nicht zeitgerechte Eröffnung sei "eine herbe Niederlage gewesen, und das ist sie bis heute", sagte Wowereit.

Er rechne damit, dass sein Nachfolger aus der Berliner SPD kommen werde. "Importe" aus anderen Bundesländern seien zuletzt nicht so erfolgreich gewesen.

Das Gerangel um die Nachfolge hat bereits begonnen. SPD-Fraktionschef Raed Saleh (37) kündigte umgehend an, er wolle Regierungschef werden. Auch Landeschef Jan Stöß (41) will kandidieren. Stöß sagte, er wolle die "erfolgreiche Arbeit" der großen Koalition mit der CDU fortsetzen. Die SPD-Fraktion will an diesem Mittwoch zu einer außerordentlichen Sitzung zusammenkommen.

CDU ist "entspannt"

Der Koalitionspartner CDU sei "ganz entspannt", erklärte CDU-Landeschef Frank Henkel. Die SPD müsse die Führungsfrage schnell klären. Den Personalvorschlag müsse die CDU mittragen können.

Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel bescheinigte Wowereit große Leistungen: "Dass Berlin heute eine weltoffene, tolerante und attraktive Weltstadt ist, die sich auch wirtschaftlich auf gutem Wege befindet, ist Klaus Wowereit zu verdanken."

Nach einem Bericht des "Tagesspiegels" hält Gabriel weder Stöß noch Saleh für geeignet. Der SPD-Chef solle versucht haben, EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) für Wowereits Nachfolge zu gewinnen. Schulz habe aber abgewunken.

Auch Linksfraktionschef Gregor Gysi erklärte, Wowereit habe Berlin vor allem kulturell deutlich vorangebracht. Ein großes Verdienst sei, dass er sich als erster Politiker öffentlich zu seiner Homosexualität bekannt habe.

Grüne und Linke forderten Neuwahlen.

Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) erklärt am 26.08.2014 auf einer Pressekonferenz im Roten Rathaus in Berlin seinen Rücktritt. Foto: Maurizio Gambarini/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++
Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) erklärt am 26.08.2014 auf einer Pressekonferenz im Roten Rathaus in Berlin seinen Rücktritt. Foto: Maurizio Gambarini/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++
dpa