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Umstrittene Veröffentlichung Wem gehören Aufzeichnungen der Kohl-Gespräche?

07.10.2014, 07:36
ARCHIV - Der ehemalige Bundeskanzler Helmut Kohl, aufgenommen am 15.09.2014 in Waldsee (Rheinland-Pfalz). Kohl geht nach einem
«Focus»-Bericht erneut juristisch gegen seinen früheren Biografen Heribert Schwan vor. Wie das Magazin berichtet, beauftragte Kohl seine Anwälte, die Veröffentlichung eines neuen Schwan-Buches beim Heyne Verlag zu stoppen. Foto: Uwe Anspach/dpa (zu dpa "Focus': Kohl will Schwan-Buch stoppen - Altkanzler rechnet ab" vom 05.10.2014) +++(c) dpa - Bildfunk+++
ARCHIV - Der ehemalige Bundeskanzler Helmut Kohl, aufgenommen am 15.09.2014 in Waldsee (Rheinland-Pfalz). Kohl geht nach einem «Focus»-Bericht erneut juristisch gegen seinen früheren Biografen Heribert Schwan vor. Wie das Magazin berichtet, beauftragte Kohl seine Anwälte, die Veröffentlichung eines neuen Schwan-Buches beim Heyne Verlag zu stoppen. Foto: Uwe Anspach/dpa (zu dpa "Focus': Kohl will Schwan-Buch stoppen - Altkanzler rechnet ab" vom 05.10.2014) +++(c) dpa - Bildfunk+++ dpa

Berlin | An Helmut Kohl scheiden sich die Geister. Nach wie vor. Der Kanzler der Einheit und Wegbereiter des Euro, abgewählt nach einer Rekordamtszeit von 16 Jahren. Die Machtmaschine. Der einstige christdemokratische Patriarch, dessen Verhältnis zu seiner CDU über eine Parteispendenaffäre unkittbar zerbrach. Was davon wird prägend sein für Kohls Bild in der Geschichte?

Das Lebenswerk des heute 84-Jährigen begleiten auch Verletzungen, Enttäuschungen und Bitterkeit - daraus hat er oft genug keinen Hehl gemacht. Nun geht ein schwelender Streit um Dokumente und Gesprächsäußerungen in die nächste Runde. Wem gehört das historische Vermächtnis Helmut Kohls?

Den Konflikt befeuert ein Buch, das der Publizist Heribert Schwan an diesem Dienstag in Berlin präsentieren will. "Die Kohl-Protokolle" lautet der Untertitel, und gemeint sind damit Aufzeichnungen über 630 Gesprächsstunden des Altkanzlers mit dem damaligen Ghostwriter seiner Memoiren in den Jahren 2001 und 2002 - eigentlich mitgeschnitten auf Kassette.

Zwischen beiden kam es aber zum Zerwürfnis und schließlich zum Rechtsstreit über die Frage, in wessen Hände die 200 Tonbänder gehören. Das Oberlandesgericht Köln sprach sie Kohl zu, Schwan will die Sache noch vor den Bundesgerichtshof bringen.

Aufnahmen von 2001/2002

Vorher veröffentlicht er jetzt aber ein Buch, das auf Abschriften der Tonbänder beruht - und auch eine "Abrechnung" Kohls mit Weggefährten darstellt, wie der "Spiegel" formulierte. Das Magazin zitierte vorab mehrere Passagen, in denen Kohl in der Gemütsverfassung von 2001/2002 harsch über Parteifreunde urteilt - da hatte seine bis heute währende Weigerung, Namen anonymer Spender zu offenbaren, gerade zum offenen Bruch mit der CDU geführt. Im Visier stehen etwa sein langjähriger Arbeitsminister Norbert Blüm, Ex-Bundespräsident Richard von Weizsäcker und auch Angela Merkel, die Kohl in Kanzleramt und CDU-Vorsitz beerbte, sowie der einstige CDU-Fraktionschef Wolfgang Schäuble.

Dass Schwan mit diesen Zitaten herauskommt, könnte einen weiteren Rechtsstreit auslösen. Laut "Focus" will der Altkanzler Anwälte gegen die Buchveröffentlichung in Stellung bringen. Kohls Berliner Büro äußerte sich auf Anfrage vorerst nicht dazu, der Verlag startete am Montag jedenfalls mit der Auslieferung.

Wohin mit dem Nachlass?

Ohnehin wird seit längerem diskutiert, wie der Nachlass der zeitgeschichtlichen Persönlichkeit Helmut Kohl einmal zu verwahren ist, um der Forschung bestmöglichen Zugang zu sichern.

Ein Bestand mit persönlichen Unterlagen ging 2010 von der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung zunächst zurück an Kohl.

Dass dessen Bungalow in Ludwigshafen-Oggersheim nicht der dauerhafte Archivort sein sollte, sehen aber auch Christdemokraten so. Der frühere CDU-Generalsekretär Volker Rühe regte bei "Spiegel Online" die Gründung einer Helmut-Kohl-Stiftung an.

Die Bundesregierung in Berlin hat vorerst aber keine Pläne für eine solche Gedenkstiftung, wie sie unter anderem für den im Jahr 1992 gestorbenen Ex-Kanzler Willy Brandt (SPD) existiert. (dpa)