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Friedensvorschlag für Ukraine-Konflikt Merkel bietet Putin Freihandel an

24.01.2015, 01:07

Nach dem Blutbad an einer Bushaltestelle im Konfliktgebiet Donezk haben die prorussischen Aufständischen eine neue Großoffensive angekündigt. Es solle die gesamte Krisenregion erobert werden - gegebenenfalls auch über die Gebietsgrenze von Donezk hinaus, drohte Separatistenführer Alexander Sachartschenko am Freitag in der Großstadt Donezk. Angebote einer Feuerpause werde es an die prowestliche Zentralregierung in Kiew vorerst nicht geben.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) kritisierte Sachartschenkos Äußerungen scharf. Diese seien "nichts als Kriegstreiberei", sagte er bei einem Besuch in Tunesien. An Russland und die Ukraine appellierte er abermals, die Vereinbarungen des jüngsten Ministertreffens in Berlin zum Rückzug schwerer Waffen im Donbass umzusetzen.

Nach Ansicht von Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) könnte ein gemeinsamer Wirtschaftsraum zwischen Europa und Russland langfristig ein Weg sein, um die Eiszeit zu beenden. "Europa darf das europäische Russland nicht aufgeben", sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Und weiter in Richtung des russischen Präsidenten: "Putins Idee einer Freihandelszone von Lissabon bis Wladiwostok ist denkbar, am besten sogar von New York bis Wladiwostok."

Die Idee knüpft an Überlegungen Putins aus dem Jahr 2010 an, auf die Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) damals sehr reserviert reagiert hatte. Der Eurasischen Wirtschaftsunion gehören bisher Russland, Weißrussland, Armenien und Kasachstan an, Kirgistan soll noch in diesem Jahr hinzukommen.

Disput um Kontaktgruppe

Nun knüpft Merkel eine engere Kooperation an eine Waffenruhe. "Wir brauchen dringend ein Treffen der Kontaktgruppe, damit nicht nur auf dem Papier etwas steht, sondern damit wirklich auch schwere Waffen mal abgezogen werden", sagte sie am Freitag in Florenz bei ihrem Besuch in Italien.

Sachartschenko bezeichnete jedoch die bisherige Besetzung der Kontaktgruppe als "sinnlos". Als Verhandlungspartner erkenne er derzeit nur den ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko an. Der prowestliche Staatschef arbeitet derzeit nicht in der Kontaktgruppe und sieht die Aufständischen als "Terroristen". Über die Offensive sagte Sachartschenko, dass bewaffnete Kräfte in zahlreiche Orte vorstoßen würden. Zuletzt hatten die radikalen Gruppen deutliche Landgewinne vermeldet, darunter der strategisch wichtige Flughafen von Donezk.

Nach dem Tod mehrerer Zivilisten im Donbass gab Kremlchef Wladimir Putin der Führung in Kiew die Schuld für das Blutvergießen. "Die Verantwortung tragen jene, die die verbrecherischen Befehle geben", sagte er bei einer Sitzung des Nationalen Sicherheitsrates in Moskau.

Regierungstruppen und Separatisten berichteten von andauernden Kämpfen im Gebiet Donezk, darunter auch am Flughafen der Großstadt. Nach Darstellung der Aufständischen starben in der Nacht zum Freitag mindestens 16 Zivilisten. Mehrere Menschen seien verletzt worden. Die Separatisten sprachen zudem von erheblichen Verlusten in den eigenen Reihen. 24 Aufständische seien getötet, weitere 30 verletzt worden.

Die Zahl der Todesopfer sei seit Ausbruch der Kämpfe im April auf mehr als 5000 gestiegen, sagte ein Sprecher des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte (OHCHR) in Genf. Erst am Donnerstag waren beim Beschuss einer Bushaltestelle in Donezk zahlreiche Zivilisten getötet worden. Armee und Aufständische geben sich gegenseitig die Schuld. Die EU forderte eine lückenlose Untersuchung. Nur eine politische Lösung der Krise sei akzeptabel, hieß es. (dpa)