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Abkommen mit Iran Historische Einigung im Atomstreit

Das Atomabkommen mit dem Iran ist eine Sensation. Aber der Widerstand formiert sich bereits, es droht die "Mutter aller Lobbyschlachten".

15.07.2015, 00:59

Wien (dpa) l Das Ende des Atomstreits mit dem Iran hat Hoffnungen für eine weiterreichende Entspannung in der Region und darüber hinaus geweckt. "Vielleicht setzen wir mit dieser Vereinbarung ein Signal der Hoffnung den Kräften des Chaos im Mittleren Osten entgegen", sagte Außenminister Frank-Walter Steinmeier am Dienstag in Wien.

Das 100-seitige Abkommen sei ein Beispiel, wie Konflikte mit zähem Dialog gelöst werden könnten. Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini sprach von Hoffnungszeichen für die ganze Welt. Russlands Präsident Wladimir Putin war sich sicher, "dass die Welt heute vor Erleichterung laut aufgeatmet hat."

Nach 13-jährigem diplomatischem Ringen und zuletzt 18-tägigen Marathon-Verhandlungen in Wien einigten sich die UN-Vetomächte, Deutschland und der Iran auf ein Abkommen, das die Atomkapazitäten der Islamischen Republik deutlich verringert.

So muss der Iran zwei von drei Zentrifugen zur Urananreicherung abbauen, seine Bestände an angereichertem Uran von fast 12 000 auf 300 Kilogramm reduzieren und intensive Kontrollen der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) zulassen.

Bei Vertragstreue werden die Wirtschaftssanktionen des Westens gegen den Iran schrittweise aufgehoben. Anlass des Abkommens war die Sorge der Welt, dass der Iran auf dem Weg sei, eine Nuklearwaffe zu bauen. Das hat Teheran stets bestritten. "Der Deal beruht nicht auf Vertrauen, sondern auf Überprüfung", sagte US-Präsident Obama.

Der US-Kongress, in dem viele Abgeordnete dem Iran misstrauen, muss aber noch zustimmen. Obama kündigte ein Veto an, sollte der Kongress das Atomabkommen zu kippen versuchen. Der Kongress, der das Abkommen binnen 60 Tagen überprüfen muss und mit einer Resolution noch stoppen könnte, bräuchte gegen das Veto eine Zweidrittelmehrheit in beiden Kammern.

Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu geißelte die Einigung gar als "historischen Fehler" und warnte: "Wir haben uns verpflichtet, einen atomar bewaffneten Iran zu verhindern. Dazu stehen wir." Der israelische Iran-Experte Meir Javedanfar erwartet die "Mutter aller Lobbyschlachten" von Seiten der Gegner des Deals. Netanjahu werde alles versuchen, um die Vereinbarung mit Hilfe des US-Kongresses zum Scheitern zu bringen.

Die Einigung ist nach Worten des iranischen Präsidenten Hassan Ruhani von Vorteil für alle. "Diese Verhandlungen konnten nie mit einer Sieger-Verlierer-Lösung enden", sagte der Reformer.

Russland erwartet nach Worten von Außenminister Sergej Lawrow von den USA nun ein Ende der Pläne für eine Raketenabwehr in Europa. Obama habe 2009 gesagt, dass sich das Vorhaben bei einer Einigung mit dem Iran erledigen würde.

Die Atom-Einigung ist in Zeiten vieler Konflikte einer der wenigen überragenden diplomatische Erfolge. Sie markiert auch ein Ende der Eiszeit in den Beziehungen zwischen den USA und dem Iran. Seit dem Sturz des Schahs im Jahr 1979 und der Geiselhaft von 52 US-Diplomaten standen sich beide Länder feindlich gegenüber.