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Gastkommentar Kay Senius: Auch über Chancen für Sachsen-Anhalt reden

18.07.2015, 00:57

Magdeburg l In vielen Punkten kann ich mich der Meinung von Professor Holtemöller anschließen, auch wenn seine wissenschaftlichen Erkenntnisse keineswegs neu sind. Die strukturellen Probleme der "Neuen Bundesländer" sind nicht nur der Wissenschaft seit längerem bekannt und die entsprechenden Hebel sind bereits seit Jahren identifiziert und breit kommuniziert.

Ich meine: Neben dem reinen Befund muss wissenschaftliche Beratung auch Lösungsansätze anbieten. Und zwar Lösungsansätze, die den spezifischen Rahmenbedingungen unseres Landes - wie etwa der demografischen Entwicklung, der kleinteiligen Unternehmensstruktur und der allgegenwärtigen Notwendigkeit ausgeglichener Haushalte - Rechnung tragen.

Sachsen-Anhalt kämpft mit Abwanderung

Sicher kann man sich Innovation wünschen, doch woher soll die kurzfristig kommen, wenn das Land vom demografischen Wandel am stärksten betroffen ist? Sicher wäre es für die Wirtschaftsstruktur von Vorteil, wenn große Konzerne ihre Zentralen in Sachsen-Anhalt hätten. Doch das wird in absehbarer Zeit nicht der Fall sein. Auch mit einer - durchaus jetzt schon vorhandenen - Gründungskultur und jeder Menge Innovationen werden zwischen Arendsee und Zeitz keine Konzernzentralen aus dem Boden schießen.

Fakt ist: Sachsen-Anhalt steht vor großen Herausforderungen. Viele der Befunde von Professor Holtemöller sind absolut treffend und schlüssig, wenngleich er doch ein eher pessimistisches Bild zeichnet. So halte ich die Formulierung das "Volk stimme mit den Füßen ab", indem es auswandert, für deutlich überzogen.

Natürlich wissen wir alle, dass Sachsen-Anhalt von Alterung und Abwanderung betroffen ist. Wir wissen auch, dass viele Menschen auf der Suche nach einer Existenz in andere Bundesländer gezogen sind und immer noch ziehen.

Nachbarbundesländer werden Zielregion

Wir beobachten aber auch bei der Analyse von Pendlerbewegungen Entwicklungen, die einen anderen, einen eher positiven Blick auf die Situation erlauben. Es ist richtig, dass immer Menschen aus Sachsen-Anhalt in anderen Bundesländern arbeiten.

Aber es sind vor allem die benachbarten Bundesländer mit ihren grenzüberschreitenden Wirtschaftsräumen, wie zwischen Halle-Leipzig oder in der Automobilregion Wolfsburg, die zu neuen Zielregionen werden. Wirtschaftsräume lassen sich aber nun mal nicht in das politische Korsett von Landesgrenzen zwängen und bieten Chancen auf beiden Seiten. Denn auch die Zahl der Menschen aus Sachsen und Niedersachsen, die in Sachsen-Anhalt arbeiten, ist leicht gestiegen.

Deshalb halte ich es für eine Aufgabe der Wissenschaft, nicht nur über Defizite - sondern vielmehr über die Chancen zu reden, die wir ohne Zweifel in Sachsen-Anhalt auch haben, um daraus Lösungsansätze für die Herausforderungen der Zukunft zu generieren.