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Treffen der Giganten in Washington Chinas Staatschef zeigt Stärke: Der Dollar war gestern

20.01.2011, 04:24

Von Tina Heinz

Einen besseren Zeitpunkt hätte der chinesische Staats- und Regierungschef Hu Jintao für einen offiziellen Besuch in den USA nicht wählen können. 40 Jahre nachdem es die ersten Annäherungen der beiden Staaten gab, gelten die sino-amerikanischen Beziehungen als besser denn je. 1971 reiste der Berater für Außen- und Sicherheitspolitik, Henry Kissinger, zu geheimen Gesprächen mit dem damaligen chinesischen Premier Zhou Enlai. Durch die sogenannte Ping-Pong-Diplomatie konnten damals die seit langem bestehenden Spannungen abgebaut und die Beziehungen verbessert werden.

Das Verhältnis zwischen den beiden Großmächten ist auch heute noch angespannt – wenngleich der Umgangston wesentlich freundlicher und die Kompromissbereitschaft größer scheint. Seit den 1970er Jahren gab es jedoch eine wesentliche Veränderung: Die Vereinigten Staaten gelten als Supermacht des vergangenen Jahrhunderts, China als Supermacht der Zukunft.

Daran lässt auch Staatschef Hu ganz und gar keine Zweifel aufkommen. Der Macht und Größe Chinas bewusst, erklärte er vor seinem Besuch in Washington das dollar-dominierte internationale Währungssystem zu einem Produkt der Vergangenheit. Die Volksrepublik fühlt sich scheinbar stark genug, diese durchaus selbstbewusste und nicht ganz unrealistische Aussage zu treffen. Sie wird sich jedoch in Geduld üben müssen. Denn die Volkswährung (Renminbi – wie der Yuan auch genannt wird) steht derzeit noch im Halbschatten des Dollars.

Betrachtet man das Wirtschaftswachstums Chinas, scheint es nur noch eine Frage von wenigen Jahren zu sein, bis der Yuan vollkommen aus diesem Schatten heraustritt. Das Land erwirtschaftet mit dem Export von Industrieprodukten hohe Überschüsse. Die Wirtschaftsleistung ist 2010 um mehr als zehn Prozent gestiegen. Und auch die chinesischen Währungsreserven wachsen unaufhaltsam weiter.

Die Vereinigten Staaten von Amerika hingegen kämpfen mit einem maroden Bankensystem und haben in Zeiten der Finanzkrise keine gute Figur gemacht. Der Versuch, die Inflation durch das Drucken von Geld anzukurbeln, hat dem Dollar eher geschadet. Und das Land sitzt auf einem kolossalen Schuldenberg von etwa 14 Billionen Dollar.

Ein winziger Trost für die USA: Das Land hat die Kapitalmärkte noch nicht geöffnet und den Kurs des Yuan noch nicht freigegeben. Die chinesische Währung ist an den Dollar gekoppelt und somit von der amerikanischen Finanzpolitik abhängig. Noch.

Hu Jintao und seine Gefolgsleute wollen diesen Zustand der Abhängigkeit schnell ändern. Aus diesem Grund sind auch seitens Chinas keinerlei Kompromisse im Währungsstreit zu erwarten. Die Vorwürfe der USA, China halte den Yuan-Kurs künstlich niedrig, um die Exportwirtschaft zu stabilisieren, werden ignoriert. Sämtliche Argumente und Aufforderungen, um Peking zur Aufwertung des Yuans zu bewegen, werden nicht akzeptiert.

Daran wird auch ein Forderungskatalog, den Außenministerin Hilary Clinton und andere Regierungsmitglieder vor der Ankunft Hu Jintaos entworfen haben, nichts ändern. Die Themenpalette des Katalogs ist vielfältig und heikel: Neben der Aufwertung des Yuan fordern die Politiker die Beschränkung der China-Importe auf dem amerikanischen Markt, verlangen die Freilassung politischer Gefangener und ersuchen das Reich der Mitte um Hilfe bei der Eindämmung Nordkoreas.

Hier zeichnet sich das Dilemma ab, in dem sich die US-Amerikaner befinden. Das Land der unbegrenzten Möglichkeiten braucht das Reich der Mitte auch politisch. Und Peking weiß das. Nicht nur bei der Eindämmung Nordkoreas ist eine Zusammenarbeit vonnöten, sondern auch im Vorgehen gegen das iranische Atomprogramm. Dass China dabei vor Europa und anderen möglichen Partnern außenpolitische Priorität hat, ist keine Frage.

Der Skandal um die Nobelpreisverleihung an den chinesischen Dissidenten Liu Xiaobo und die damit verbundene Problematik der Menschenrechte dürfte daher auch in Zukunft eine untergeordnete Rolle bei sino-amerikanischen Gesprächen spielen. Viel deutlicher als jemals zuvor sind die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den beiden Großmächten in den Mittelpunkt gerückt.