1. Startseite
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Rektoren vertrauen nicht mehr allein auf die Länder

In Sorge um ihre Finanzierung rufen Hochschulen nach dem Bund Rektoren vertrauen nicht mehr allein auf die Länder

Von Philipp Hoffmann 14.05.2010, 05:17

Warum eigentlich ist Bildung in Deutschland Ländersache? Oder anders gefragt: Muss das, was immer so war, allein deshalb ewig währen? Solche Fragen trieben die Hochschulrektorenkonferenz um, als sie diese Woche an der Berliner Humboldt-Universität zu ihrer Jahresversammlung zusammentrat. Mit bangem Blick sehen die Rektoren der Schuldenbremse in den Ländern entgegen: Bleibt, wenn wegen der Konsolidierung der öffentlichen Haushalte keine neuen Kredite mehr aufgenommen werden dürfen, genug Geld für die Hochschulfinanzierung?

Die Hochschulen haben wenig Anlass zu Optimismus. Schon jetzt sehen sie sich als chronisch unterfinanziert an. Und nun sind aus einigen Bundesländern neuerliche Sparabsichten im Bildungsbereich zu vernehmen.

Das veranlasste Bundespräsident Horst Köhler vor der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) zu einem eindringlichen Appell an die Länder. "An den Ausgaben für Bildung, Wissenschaft und Forschung darf nicht gespart werden", sagte Köhler und unterstrich das Ziel einer guten Bildung für alle.

Wo allerdings sollen die Länder sparen, wenn nicht bei Schulen und Hochschulen? Der Magdeburger Politikwissenschaftler Wolfgang Renzsch verwies bei der HRK-Versammlung auf das strukturelle Problem, das die Bildungszuständigkeit der Länder mit sich bringe. Ohne eigenes Besteuerungsrecht seien die Länder bei den Einnahmen vollkommen vom Bund abhängig. Zugleich seien ihnen bei den Ausgaben durch feste Posten – vor allem soziale Sicherung – die Hände gebunden. Spielräume für Einsparungen böten lediglich gestaltbare Aufgaben wie Kultur, Sport, Schulen und Hochschulen. "Bildung ist die Sparbüchse der Nation", so Renzsch.

Für den Magdeburger Professor haben es Bund und Länder seit Jahrzehnten versäumt, die Zuständigkeiten neu zu regeln, zuletzt bei der Förderalismusreform 2006. Das sieht auch der emeritierte Politikwissenschaftler Fritz Scharpf so, der der Förderalismuskommission I von 2003 bis 2004 als Sachverständiger angehörte. Er sieht im krampfhaften Festhalten der Länder am föderalen System einen "Kompetenz-Fundamentalismus der Staatskanzleien". Der Föderalismus habe heute "normativ keinen Eigenwert mehr", sagte Scharpf in Berlin. Für den ehemaligen Direktor des Kölner Max-Planck-Instituts für Gesellschaftsforschung sind Bildung und Forschung gesamtstaatliche Aufgaben. Mit dieser Ansicht hatte er sich in der Föderalismuskommission nicht durchsetzen können.

Dass die Zuständigkeiten von Bund und Ländern erneut überdacht werden sollten, zieht auch der Bundespräsident in Erwägung. Man werde in Zukunft "fragen müssen, ob nicht die derzeit geltenden Bedingungen des Föderalismus selbst auf den Prüfstand gehören", sagte Köhler. Die Rektoren erwarten, dass die Länder den Bund als den finanzstärkeren Akteur wieder mehr an der Hochschulförderung beteiligen. Ansonsten, so HRK-Präsidentin Margret Wintermantel, sei zu befürchten, dass "die finanzschwachen Länder mit ihren Hochschulen ins Hintertreffen geraten". Die Länder hatten bei der jüngsten Föderalismusreform die Zuständigkeiten des Bundes zurückgeschraubt. Warum, hat noch niemand plausibel erklären können.