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Politische Gefangene sind für die Führung des Karibikstaates ein Reizthema Kuba nach Dissidenten-Tod in Erklärungsnot

26.02.2010, 05:19

Z: Magdeburg ZS: MD PZ: Magdeburg PZS: MD Prio: höchste Priorität IssueDate: 25.02.2010 23:00:00
Von Franz Smets

Der Tod des Dissidenten Orlando Zapata Tamayo hat den kubanischen Präsidenten Raúl Castro in Erklärungsnot gebracht. Der 42-jährige Zapata Tamayo war der erste Dissident seit 1972, der als Folge eines Hungerstreiks im Gefängnis gestorben ist. Castro bedauerte den Tod, wies aber jede Schuld von sich und machte die USA verantwortlich.

Die kubanische Führung ließ landesweit Oppositionelle festnehmen und in ihren Häusern festsetzen. Damit sollten sie daran gehindert werden, zu der Beisetzung Zapatas zu reisen. Und in der Hauptstadt wurden die Sympathisanten und Freunde daran gehindert, sich ins Kondolenzbuch einzutragen, wie die Bloggerin Yoani Sànchez berichtete. Sie rief die Menschen auf, in Havanna eine Kette der Betenden während der Beisetzung in Banes in der 800 Kilometer entfernten Heimat des Verstorbenen zu bilden.

Dass die kubanische Führung den Tod des Dissidenten gerne verschweigen würde, zeigte sich. Sie lud ausländische Korrespondenten zu einer Pressekonferenz mit Raúl Castro und dem brasilianischen Präsidenten Luiz Inàcio Lula da Silva ein, verweigerte ihnen dann aber den Zutritt, wohl, um unangenehmen Fragen auszuweichen.

Zuvor hatte Castro erklärt: "Es gibt keine Gefolterten, es gab keine Gefolterten, es gab keine Hinrichtung. Derartiges geschieht in der Basis Guantanamo", sagte er im Hinblick auf das Gefangenenlager der USA in Kuba. Die staatliche Webseite cubadebate.cu wurde noch deutlicher: "Orlando Zapata Tamayo war ein gewöhnlicher Gefangener mit einer langen Verbrechensgeschichte", war dort zu lesen. Mit der Politik habe er nichts zu tun gehabt. "Der Leichnam von Zapata wird nun mit Zynismus wie eine kollektive Trophäe ausgestellt."

Der Vorsitzende der oppositionellen, aber geduldeten Kubanischen Kommission für Menschenrechte und Nationale Versöhnung (CCDHRN), Elizardo Sànchez, sagte, der Tod Zapatas sei vermeidbar gewesen. Laut Opposition war das Mitglied der Dissidentengruppe "Alternativa Republicana" im Gefängnis misshandelt worden. Die Mutter, Reina Luisa Tamayo, sprach von einem vorsätzlichen Mord. "Mein Sohn wurde gefoltert in der ganzen Zeit, die er seit 2004 im Gefängnis saß", sagte sie in einem Interview der Bloggerin Sànche z und forderte die Welt auf, sich für die Freilassung der übrigen politischen Gefangenen einzusetzen.

Außenpolitisch hat der Tod Zapatas bereits Auswirkungen. Washington forderte die Freilassung der 200 politischen Häftlinge auf der Insel. Die besonnenen lateinamerikanischen Freunde Kubas wie der Brasilianer Lula da Silva schweigen. Lula wurde auch von Revolutionsführer Fidel Castro empfangen, und er unterzeichnete einige Wirtschaftsabkommen.

Spanien, das die Europäer während seiner EU-Ratspräsidentschaft davon überzeugen möchte, trotz Repressionen mit Kuba ins Geschäft zu kommen, dürften die Argumente ausgehen. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch sieht in dem Tod Zapata Tamayos einen Beleg dafür, wie es um die Menschenrechtssituation in Kuba bestellt ist.(dpa)