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Auf Cape Canaveral laufen die Vorbereitungen für den am 7. Mai geplanten Start der kommerziellen Raumkapsel Der erste Drachen bringt frische Wäsche zur ISS

Von Uwe Seidenfaden 27.04.2012, 05:18

Schon bald wird erstmals eine kommerzielle Raumkapsel Lebensmittel und frische Astronauten-Wäsche zur Internationalen Raumstation ISS bringen. "Dragon" heißt sie. Äußerlich ähnelt sie mehr einer Taucherglocke als einem geflügelten, feuerspeienden Drachen, den der Name verspricht.

Dragon ist die Rückbesinnung auf bereits entwickelte Technologien, deren kommerzielle Vermarktung helfen soll, die sprichwörtlich astronomisch hohen Kosten in der Raumfahrt zu senken. So sieht das der Chef der US-Luft- und Raumfahrtagentur NASA, Ex-Astronaut Charles Bolden. Mit Unterstützung der Obama-Administration organisiert die NASA neuerdings "Casting-Wettbewerbe", um Firmen für den Bau von Nachfolgern für die museumsreifen Space Shuttles zu bauen.

Einer der Wettbewerbsgewinner ist das Unternehmen SpaceX des Internet-Millionärs Elon Musk. Mit rund 400 Millionen US-Dollar von der NASA entwickelte die in Kalifornien ansässige Firme die rund drei Tonnen schwere Raumkapsel Dragon. Ein erster Testflug im Dezember 2010 verlief erfolgreich. Voraussichtlich am 7. Mai soll Dragon als erstes kommerzielles Raumschiff an die ISS andocken. Beim Materialtransport wären die USA dann nicht mehr auf Versorgungsflüge mit russischer, europäischer und japanischer Technik angewiesen. Im Unterschied zu den verfügbaren Frachtern der Raumstationspartner ist Dragon mit einem Hitzeschild ausgerüstet, das ihn beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre schützen kann. Nach einigen Tagen soll die Kapsel, beladen mit 660 Kilogramm Materialproben sowie mit veralteten und defekten Geräten von der ISS, im Pazifik landen und von Helikoptern geborgen werden.

Voraussichtlich schon zwei Monate später wird das US-Unternehmen Orbital Sciences eine weitere kommerzielle Raumkapsel - Cygnus (Schwan) genannt - zur Versorgung der ISS starten. Wesentliche Bauteile hat ein italienisch-französisches Unternehmen geliefert, das bereits vier Verbindungselemente zwischen den Raumstations-Laboren entwickelt hat.

Für den Astronauten-Transport ins All und zurück sind beide Raumkapseln bislang nicht geeignet. Damit die US-Astronauten nicht ewig auf Mitflüge in russischen Raumkapseln angewiesen sind, hat die NASA vor zwei Jahren einen weiteren Wettbewerb ausgeschrieben. Gefördert werden soll die Entwicklung eines kommerziellen, bemannten Raumfahrzeugs, das die ISS und künftige Raumstationen versorgen kann. Sechs Firmen sind derzeit noch im Rennen, darunter SpaceX mit der Dragon-Raumkapsel und das weltweit größte Raumfahrtunternehmen Boeing, das einst den Space Shuttle baute und jetzt mit der wiederverwendbaren Raumkapsel CTS-100 am Wettbewerb teilnimmt.

Aufgeteilt in mehreren Tranchen, will die NASA bis zum Jahr 2017 etwa fünf Milliarden US-Dollar als Wettbewerbs-Anreize ausschütten.

Vor drei Wochen machte der US-Kongress der NASA allerdings einen Strich durch diese NASA-Rechnung. Statt der erhofften 830 Millionen US-Dollar für das Jahr 2013 soll es nur 406 Millionen US-Dollar geben. Die Kürzungen machen es wenig wahrscheinlich, dass den USA bis zum Jahr 2017 ein bemanntes Raumschiff für Flüge zur Internationalen Raumstation zur Verfügung stehen wird, zitiert das Raumfahrt-Online-Magazin "Spaceflight Now" Phil McAlister, den Direktor für den kommerziellen Raumtransport im NASA-Hauptquartier in Washington D.C. Und da sich die Stationspartner USA, Russland, Japan, Europa und Kanada bislang nur auf einen Betrieb der ISS bis zum Jahre 2020 offiziell einigen konnten, stellt sich somit umso drängender die generelle Frage, ob die neuen, kommerziellen Raumschiffe tatsächlich noch benötigt werden.

Boeing setzt deshalb bei der Entwicklung eines zukünftigen bemannten Raumschiffs auch auf Kooperationen mit dem US-Unternehmen Bigelow Aerospace, das eine privatwirtschaftlich betriebene Raumstation u.a. für gut betuchte Weltraumtouristen entwickelt.