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Vor der Messe Automechanika in Frankfurt am Main Das Werkstattgeschäft macht wenig Freude

Von Thomas Strünkelnberg und Harald Schmidt 13.09.2010, 04:22

Bessere Autos, harter Wettbewerb und Hersteller, die Neuwagen im Paket mit Werkstattleistungen anbieten: Das Kfz-Gewerbe hält sich seit Jahren nur mühsam über Wasser – kein Geschäft, das Spaß macht.

Berlin/Frankfurt/Main (dpa). Eigentlich sollen Autoreparaturen und Neuwagen in der gesamten EU billiger werden. Dafür lockerte die EU-Kommission im Mai die Wettbewerbsregeln für den Autohandel und Werkstätten. Ergebnis? Fehlanzeige. "Der Wettbewerb war vorher beinhart und er verschärft sich am laufenden Band weiter", betont Wilhelm Hülsdonk, Vizepräsident und Bundesinnungsmeister beim Zentralverband Deutsches Kraftgewerbe (ZDK), vor der morgen beginnenden Messe Automechanika in Frankfurt.

Der harte Wettbewerb kann gut für den Kunden sein, er ist aber unangenehm für das Kfz-Gewerbe: Ohnehin nimmt die Zahl der Betriebe kontinuierlich ab. Im Jahr 2000 gab es bundesweit noch 47000 Kfz- Betriebe, 2009 nur noch 38300. Allerdings werden die einzelnen Unternehmen größer. Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer ist überzeugt, dass die Preise durch die neuen Bestimmungen nicht sinken. Denn schon jetzt ist die Lage im Kfz-Gewerbe alles andere als rosig:

Im Handel wird nach ZDK- Angaben seit zehn Jahren kein Geld mehr verdient, Achillesferse ist das Neuwagengeschäft. "Der Automobilmarkt wächst seit einigen Jahren nicht mehr", sagt Autoexperte Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management (CAM). Der Verdrängungswettbewerb werde weitergehen. Zuletzt kamen die Betriebe nur dank der Werkstatt-Umsatzrenditen von 3 bis 5 Prozent über die Runden.

Doch die Autos werden wartungsärmer, weniger reparaturanfällig und müssen daher seltener auf die Hebebühne. Zusätzlich bieten immer mehr Autobauer Flatrates beim Neuwagenkauf - Werkstattleistungen inklusive. Die Hersteller haben großes Interesse am Werkstattgeschäft, erklärt Dudenhöffer: "Dort wird durch den Ersatzteilverkauf wirklich Geld verdient."

Schon fürchtet das Kfz-Gewerbe schmerzhafte Abstriche: "Wer Werkstattleistungen verschenkt oder zu Ramschpreisen verschleudert, legt die Axt an die wichtigste Ertragssäule des Betriebs", schimpft Hülsdonk. In der Vergangenheit hätten vor allem große Werkstattketten wie ATU Wettbewerbsdruck aufgebaut und die Preise in Bewegung gebracht - nicht die Brüsseler Bestimmungen, sagt Dudenhöffer: "In Brüssel sitzen nicht die größten Marktkenner, sondern eben eher Juristen." Die wollten die Rechte der freien Werkstätten und Teillieferanten und damit am Ende den Wettbewerb zugunsten der Kunden stärken. Die EU-Kommission hatte beispielsweise bestimmt, dass Wartungsarbeiten von freien Werkstätten erledigt werden dürfen, ohne die Herstellergarantie zu beeinträchtigen. Freie Werkstätten können Ersatzteile anderer Anbieter einbauen und auf technische Informationen der Hersteller zugreifen.

Doch in Deutschland hat das für die Kunden wenig geändert. ATU-Sprecher Markus Meißner meint, die Neuerung entspreche "weitgehend der bisher geltenden Regelung". Hülsdonk betont: "Vertragshändler machen sich gegenseitig Konkurrenz genauso wie freie Werkstätten. Der Wettbewerb zwischen den Freien und den Markengebundenen ist hingegen weniger wichtig."

Das Problem der Branche ist nach Dudenhöffers Meinung sowieso ein anderes: Zu viele Autohändler, zu viele Werkstätten, teure Auflagen der Autobauer und Rabatte. Und die Autofahrer waren zumindest im vergangenen Jahr bei der Wartung knauseriger: 74,5 Millionen Mal ließen sie nach dem DAT-Report des Marktforschungsinstituts Deutsche Automobil Treuhand ihren Wagen reparieren oder warten. Ein Jahr zuvor fuhren die Deutschen noch 82,2 Millionen Mal bei einem Kfz-Betrieb vor. "Also kein Geschäft, das Spaß macht", kommentiert Dudenhöffer. Autoexperte Bratzel schließt daraus: "Autohäuser müssen neue Geschäftsfelder eröffnen, sich vom reinen Autoverkaufs- oder Werkstattbetrieb zum Full-Service oder Mobilitätsanbieter verändern, um weiter profitabel zu wachsen." Denn laut Dudenhöffer werden in dem Gewerbe oft rote Zahlen geschrieben. Nach ZDK-Angaben lag die Rendite 2009 "trotz des Schubs durch die Umweltprämie" durchschnittlich nur knapp über einem Prozent - vor Steuern.