1. Startseite
  2. >
  3. Sachsen-Anhalt
  4. >
  5. Regionale Wirtschaft
  6. >
  7. Die "Luther-Tomate" aus Wittenberg

Neben Agro-Chemie-Park soll Deutschlands größte Gewächshausanlage entstehen Die "Luther-Tomate" aus Wittenberg

Sie sind rot, saftig und wachsen im Winter. Unzählige Tomaten reifen in
einer neuen riesigen Gewächshausanlage bei Wittenberg. Künftig soll der
Komplex zum größten in ganz Deutschland erweitert werden.

21.12.2013, 01:06

Wittenberg (dpa) l Wie an einer Schnur aufgefädelt wachsen unzählige grüne Tomatenpflanzen in einer schier endlosen Reihe. Knapp 500 dieser Bahnen stehen dicht an dicht unter dem Glasdach der neuen Gewächshausanlage auf dem Areal neben dem Agro-Chemie-Park (Landkreis Wittenberg). In dem riesigen Glaskonstrukt sollen ab März die ersten saftigen Tomaten von den 250.000 frisch gepflanzten Sträuchern geholt werden und auf regionalen Tellern landen, wie Projektmanager Helmut Rehhahn sagt. Als Markenname ist "Luther-Tomate" im Gespräch. Die neue Anlage besteht bereits aus zwei Bauten. Drei weitere Glashäuser seien geplant. Mit einer Fläche von rund 40 Hektar soll der Komplex künftig zur größten Gewächshausanlage Deutschlands werden. Die Firma setzt dabei auf innovative Ideen.

Mit flinken Händen pflanzen etwa 25 Mitarbeiter die knapp 30 Zentimeter großen Tomatensetzlinge in kleine mit Kokosfasern gefüllte Töpfe. Innerhalb weniger Tage ist damit der erste Teil der Arbeit getan. Danach sollen die Früchte dank eines ausgeklügelten Schlauchsystems bewässert werden und schnell wachsen, sagt Rehhahn, der die Geschäfte der Unternehmensberatung Management GmbH Magdeburg führt. Die Kokosfasern seien für den Anbau optimal. Denn anders als die häufig verwendete Steinwolle könnten die Fasern kompostiert werden.

Die Tomaten-Produzenten profitieren von ihrem Nachbarn, dem Kraftwerkriesen SKW Stickstoffwerke Piesteritz. Die Firma liefert per 500 Meter langer Pipeline die bei ihrer Produktion als eine Art Abfallprodukt anfallende Wärme sowie Kohlendioxid für die Zucht, sagte ein Sprecher des Konzerns. "Das ist für beide Seiten eine \'Win-win-Situation\'", so Rehhahn. Die SKW verkaufe ihre nicht selbst verwertbaren Produkte. Die Gewächshaus-Betreiber sparen dabei Geld.

Der Standort sei unter den gegebenen Voraussetzungen ideal, sagte Rehhahn. Ab März könnten die ersten Tomaten geerntet werden. Die roten Gewächse sollen danach in der Region verkauft werden. "Wir wollen als Wittenberger Gemüse erkennbar bleiben", erklärt der 66-Jährige das Konzept. Die Wittenberger Gemüse GmbH sei Eigentümer der Flächen und verkaufe die Tomaten.

Das Projekt ist längst noch nicht abgeschlossen. In vier bis fünf Jahren soll die bislang 15 Hektar große Gewächshausanlage um drei neue Bauten erweitert werden und auf 40 Hektar Gesamtfläche - so groß wie etwa 45 Fußballfelder - anwachsen, erklärte Rehhahn.

Aus heutiger Sicht könnte der Standort damit zum größten Gewächshauskomplex Deutschlands werden, betonte der Umweltbeauftragte des Zentralverbands Gartenbau, Hans Joachim Brinkjans. Bereits 20 Hektar würden schon heute als riesig gelten.

Dass es gerade die Tomate geworden ist, hat einen Grund. "Sie wächst gut und erzielt relativ hohe Preise", sagt Rehhahn. Daher würden in deutschen Gewächshäusern auf einer Gesamtfläche von 315 Hektar am häufigsten Tomaten angebaut - gefolgt von Feldsalat auf 285 und Gurken auf 220 Hektar. Es wird darüber nachgedacht, ob in dem neuen Komplex später Paprika-Pflanzen das Sortiment erweitern sollen.

Neben der neuen Anlage wurden auch ein Logistikzentrum samt eigener Infrastruktur und Büroräume gebaut. 20 Millionen Euro wurden zunächst als Grundstock in das Projekt investiert. Künftig sollen bis zu 400 Mitarbeiter beschäftigt sein.