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Bau neuer Starkstromleitungen kommt nicht voran Windstrom bleibt auf der Strecke

Der im Norden und Osten Deutschlands erzeugte Windstrom muss dahin
transportiert werden, wo er vor allem gebraucht wird: in die
süddeutschen Industriezentren. Doch bis heute ist kein einziger neuer
Kilometer Starkstromleitung gebaut worden. Auch nicht in Sachsen-Anhalt.

Von Torsten Scheer 04.01.2014, 01:11

Magdeburg l Etwa 450 Kilometer würde sich die neue Stromleitung durch Wälder und Wiesen, an Straßen entlang und über Flüsse schlängeln. Die Stromautobahn soll von Bad Lauchstädt bei Halle bis ins bayerische Meitingen bei Augsburg führen. Über die Trasse soll vor allem überschüssiger Windstrom aus Ostdeutschland in den Süden der Republik abtransportiert werden. Eigentlich. Der für die Energiewende nötige Netzausbau kommt nicht voran.

Im vergangenen Jahr ist laut Bundesnetzagentur in Deutschland kein einziger neuer Leitungskilometer tatsächlich gebaut worden. Grund seien Einsprüche von Bürgern, Planungsänderungen und Verzögerungen bei der Zusammenarbeit verschiedener Behörden. Dabei gäbe es viel zu tun.

Die Deutsche Energieagentur (Dena) hat errechnet, dass in den kommenden Jahren in Deutschland rund 3600 Kilometer an neuen Hochspannungsleitungen nötig sind, um die zunehmende Einspeisung der erneuerbaren Energien ins Stromnetz zu bewältigen. Kostenpunkt: sechs Milliarden Euro.

Für Sachsen-Anhalt rechnet die Dena mit einem Ausbaubedarf der Verteilernetze über alle Spannungsebenen in einem Umfang von 2,4 Milliarden Euro - etwa 1000 Euro pro Einwohner.

So weit die Theorie. Praktisch steht beispielsweise für die geplante Freileitung von Bad Lauchstädt nach Bayern noch nicht einmal die exakte Route fest. Die Bauherren und Stromnetzbetreiber 50Hertz und Amprion suchen nach einem etwa einen Kilometer breiten Vorzugskorridor zwischen beiden Orten. Die Projektpartner rechnen mit Kosten von rund einer Milliarde Euro.

Wird eine Strecke gefunden, schließt sich das Planfeststellungsverfahren an - mit allen möglichen Widrigkeiten, wie sie etwa derzeit beim Bau der Nordverlängerung der Autobahn 14 in Form von Einsprüchen und Klagen vorkommen.

Widerstand vor allem in Thüringen

Gegen die Stromtrasse regt sich insbesondere in Thüringen Bürgerwiderstand. Gegner des Projekts haben beim Bundesverfassungsgericht Beschwerde eingelegt. Ausgang offen.

Ist unter diesen Umständen das Jahr 2022, ab dem der Strom durch die Leitung fließen soll, zu schaffen? "Der Baubeginn hängt entscheidend vom Verlauf des Genehmigungsverfahrens ab", formuliert es ein Sprecher von 50Hertz diplomatisch. Nach heutigem Ermessen erscheine das Jahr der Inbetriebnahme erreichbar - mit obiger Einschränkung.

Bad Lauchstädt und Meitingen sind nicht ohne Grund als Kopfenden der Leitung gewählt. Auf sachsen-anhaltischem Gebiet kommt in den Umspannwerken in Bad Lauchstädt bereits Windstrom aus dem Norden und Braunkohlestrom aus den mitteldeutschen und den Revieren der Lausitz an. In der Nähe von Meitingen befindet sich das Kernkraftwerk Gundremmingen. Dieses soll im Jahr 2020 vom Netz genommen werden.

Spätestens dann wird Stromnachschub aus dem Osten dringend gebraucht.