1. Startseite
  2. >
  3. Sachsen-Anhalt
  4. >
  5. Regionale Wirtschaft
  6. >
  7. MRT-Untersuchungen jetzt sogar für Mäuse

In Leipzig treffen sich Veterinärmediziner beim größten Tierärztekongress Ostdeutschlands MRT-Untersuchungen jetzt sogar für Mäuse

Beim größten Tierärztekongress in den neuen Bundesländern geht es noch
bis Sonnabend in Leipzig um neue Behandlungsmethoden bei Nutz- und
Kleintieren. Ein Trend: Die Katze ist dem Hund als Lieblingstier dicht
auf den Fersen.

Von Oliver Schlicht 17.01.2014, 02:13

Leipzig l "Benno" hatte am Mittwoch einen MRT-Termin. Worauf so mancher menschliche Patient wochenlang warten muss, hat die achtjährige Französische Bulldoge bekommen. Begleitet von Blitzlichtern der Pressefotografen wurde der Hund für eine Gehirnuntersuchung in die nagelneue "Röhre" des veterinär-physiologischen Institutes der Leipziger Universität geschoben. Das Tierchen hat ein Hinterbein-Problem. Er schwanke manchmal wie ein Betrunkener, erzählen die Ärzte. Vielleicht ein Tumor?

Um die 500 Euro mindestens kostet so eine Spezialuntersuchung. "Das kleinste bislang in den MRT gelegte Tier war eine Maus", erzählt Institutsleiter, Prof. Dr. Gotthold Gäbel. Aber auch Schlangen und Vögel wurden schon untersucht. "Da diese Tiere nicht ruhig im MRT liegen bleiben, müssen sie in der Regel narkotisiert werden."

Grund für die öffentlichkeitswirksame Präsentation war die Eröffnung des 7. Leipziger Tierärztekongresses, den die sächsische Universität und die sechs Tierärztekammern der neuen Länder und Berlin gemeinsam organisieren. Zum Kongress werden 400 Vorträge, Kurse und Workshops in Leipzig abgehalten.

Die Leipziger Messe veranstaltet als Begleitprogramm eine große Fachausstellung. Dort werden zum Beispiel neuartige Schlitten und Prothesen vorgestellt, mit denen gehbehinderten Tieren die Fortbewegung erleichtert werden kann. Mit 4000 Teilnehmern - größtenteils Tierärzte und Branchenexperten - rechnen die Veranstalter.

Neu im Vortragsprogramm ist beim 7. Kongress das Thema Fische. Etwa 30 Millionen Zierfische tummeln sich in bundesdeutschen Aquarien. Gäbel, der auch Kongresspräsident der Leipziger Tagung ist, findet: "Ein Austausch unter Fachleuten zu Zierfischen - zum Beispiel Parasiten, Viren, Antibiotikaeinsatz, Lebensmittelsicherheit und Tierschutz - ist dringend erforderlich."

Einen wichtigen Trend hat Gäbel beim Lieblingshaustier ausgemacht: "Die Katze läuft dem Hund langsam den Rang ab." Grund seien die sehr viel leichteren Haltungsbedingungen für Katzen. Diesen Trend bestätigt auch der Magdeburger Tierarzt Dr. Klaus Kutschmann, Vorstandsvorsitzender des Landestierärzteverbandes. "In der Magdeburger Tierklinik stagniert die Zahl der Hunde seit Jahren, die Anzahl an zur Behandlung vorgestellter Katzen erreicht inzwischen etwa 75 Prozent der Hunde." Zunehmend kommen auch Besitzer mit exotischen Reptilien und Vögeln. "Diesen Trend sehen wir sehr kritisch. Denn viele Halter sind mit der richtigen Pflege und Unterbringung solcher Tiere überfordert", beklagt Kutschmann.

Zum Tierärztekongress nach Leipzig kommen traditionell auch viele Veterinärmediziner aus Sachsen-Anhalt. Kutschmann: "Es ist das größte Expertenforum seiner Art in Ostdeutschland und für die Fortbildung sehr wichtig." Der Magdeburger sieht bei der ärztlichen Betreuung von Nutztieren einen Trend weg vom Einzeltier und hin zur Herdenbetreuung. Die vorbeugende Behandlung gegen Krankheiten spiele eine zunehmend wichtige Rolle. Mit dem Einzeltier werde sich kaum noch beschäftigt. Kutschmann: "Früher hat der Tierarzt beim Rind einen Kaiserschnitt vorgenommen. Heute geht das Tier gleich in die Schlachtung."

Ganz im Gegenteil dazu seien Halter von Haustieren bereit, für die Gesundheit ihrer Lieblinge bis zu mehreren tausend Euro zu bezahlen. "Die Veterinärmedizin hinkt der Humanmedizin, was Operationsmöglichkeiten betrifft, etwa 15 bis 20 Jahre nach. Heute wird bei Hunden und Katzen vieles gemacht, was noch vor zehn Jahren undenkbar schien", erzählt Kutschmann. So werden in komplexen Augenoperationen Hunden Kunstlinsen eingesetzt. Und es gebe Tumor-Bestrahlungen und Herzschrittmacher.

Eine MRT-"Röhre" wie in Leipzig hat Sachsen-Anhalt bislang aber nicht zu bieten, sagt der Verbandsvorsitzende. "Mit mindestens 150.000 Euro Anschaffungskosten ist das den Tierarztpraxen zu teuer." Tierhalter müssen mit ihren Patienten nach Braunschweig, Berlin oder nun auch nach Leipzig fahren. Das moderne MRT am Uni-Institut steht ab sofort für Forschung, Lehre und Behandlungen zur Verfügung. 1,8 Millionen Euro hat der Freistaat Sachsen dafür ausgegeben. Hinzu kommen 650.000 Euro. So viel hat der nötige Umbau des Klinikgebäudes gekostet. Meinung