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Deutschlands größtes Netzausbauprojekt tritt in die heiße Phase / In Bayern bereits Proteste Die Hauptschlagader der Energiewende

Von Georg Ismar und Tim Braune 06.02.2014, 01:22

Für das längste Stromnetzprojekt Deutschlands liegen die Trassenpläne auf dem Tisch. In Bayern zeigt der Widerstand schon politische Folgen - Ministerpräsident Seehofer droht mit einem Ausbaustopp.

Berlin (dpa) l Deutschlands größte und längste Stromtrasse soll als "Hauptschlagader der Energiewende" durch mindestens fünf Bundesländer führen. Die Netzbetreiber Tennet und TransnetBW schlugen am Mittwoch in Berlin vor, dass die Hauptstrecke des insgesamt 800 Kilometer langen "SuedLink"-Projekts ab 2022 von Schleswig-Holstein über Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Hessen nach Bayern verlaufen könnte. Sie soll große Mengen Windstrom vom Norden in den Süden bringen und dort die Stilllegung mehrerer Atomkraftwerke kompensieren. Der noch nicht geplante zweite Abschnitt soll von Brunsbüttel nach Großgartach in Baden-Württemberg führen.

Der Trassenvorschlag soll nun mit Bürgern diskutiert werden. Tennet ist für den Hauptteil der Trasse verantwortlich, die Kosten liegen im "unteren einstelligen Milliardenbereich". "Wir sind startbereit", sagte Tennet-Geschäftsführer Lex Hartman. Die Masten sollen 60 bis 70 Meter hoch sein, man habe schon geschaut, "wie sieht die Natur aus, wo wohnen die Menschen". TransnetBW-Geschäftsführer Rainer Joswig sagte: "Wir sprechen hier von der Hauptschlagader und dem Rückgrat der Energiewende." 2016 soll das Baugenehmigungsverfahren starten, 2022 soll die Leitung stehen. "Das ist eine elektrische Autobahn ohne Abfahrten", sagte Hartman. Sie wird als Gleichstromtrasse gebaut.

Der Vorschlag führt von Wilster (Schleswig-Holstein) aus an Verden vorbei, zwischen Hannover und Lehrte durch, vorbei an Hildesheim. Danach geht es in südwestlicher Richtung an Höxter, Warburg (NRW) und westlich an Kassel vorbei. Von dort an Bad Hersfeld vorbei Richtung Süden, um Fulda passierend in das bayerische Grafenrheinfeld zu münden.

Die Trasse ist eine von drei großen Neubauprojekten im Zuge der Energiewende. Als Gesamtkosten werden mindestens zehn Milliarden Euro für insgesamt 36 Ausbau- und Netzverstärkungsprojekte veranschlagt. Wenn die Leitungen als Erdkabel verlegt werden, wird es jedoch teurer werden. Insgesamt sollen 2800 Kilometer neu gebaut und 2900 Kilometer optimiert werden.

In Bayern gibt es gegen eine andere der drei geplanten neuen langen Höchstspannungs- trassen aber bereits so massive Proteste, dass die CSU-Landesregierung nun ein Moratorium fordert. 2013 hatten Bundestag und Bundesrat allerdings mit CSU-Beteiligung das Bundesbedarfsplangesetz beschlossen, das die 36 Projekte umfasst.

Der Protest richtet sich gegen eine 450 Kilometer lange Trasse zwischen Bad Lauchstädt (Sachsen-Anhalt) und Meitingen (Bayern) des Netzbetreibers Amprion, der vor kurzem ebenfalls wie nun Tennet einen ersten Vorschlag für den Verlauf gemacht hatte. Mit der geplanten Ökostrom-Reform ändere sich die Geschäftsgrundlage, argumentiert die bayerische Landesregierung von Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU). Mit Blick auf eine mögliche Drosselung beim Ausbau gerade der Windenergie wird gefordert, die Planungen neu zu justieren.

In Bayern finden im März Kommunalwahlen statt. Schleswig-Holsteins Umweltminister Robert Habeck (Grüne) kritisierte die Blockade. "Seehofer stellt sich damit gegen ein Gesetz, das erst vor wenigen Monaten mit seiner Stimme beschlossen wurde", sagte er "Spiegel online". Die Bundesregierung wies die Argumentation Bayerns zurück, mit der von Energieminister Sigmar Gabriel (SPD) angestrebten Ökostrom-Reform ändere sich auch die Geschäftsgrundlage beim Netzausbau. Eigentlich gebe es einen breiten Konsens zwischen Bund und Ländern. Es wäre nun wohl nicht sehr hilfreich, die gesamte Netzarchitektur infrage zu stellen, sagte Gabriels Sprecher.

Tennet-Geschäftsführer Hartman kritisierte: "Wenn wir die Energiewende haben wollen, brauchen wir diese Netze." Sonst werde mit viel Geld geförderter Ökostrom produziert, der nicht abtransportiert werden könnte. Es gebe eine gesetzliche Verpflichtung, München und Berlin müssten sich rasch einigen. Vorerst warte man daher mit dem Start des Dialog-Prozesses über den SuedLink-Trassenverlauf.