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Institut für Lacke und Farben Magdeburger wollen Standard für Farbtests setzen

Das Magdeburger Institut für Lacke und Farben - iLF - mit Sitz in der
Fichtestraße hat einen guten Namen weit über die Grenzen der Stadt
hinaus. Denn der Anstrich eines Produkts ist heute viel mehr als nur das
bunte Gewand.

Von Martin Rieß 15.04.2014, 03:24

Magdeburg l Ein moderner Anstrich ist funktional, hat fest definierte Eigenschaften, die im iLF entsprechend den Vorgaben der Hersteller überprüft oder auch weiterentwickelt werden.

Wer das Gelände des iLF in Sudenburg besucht, stößt dabei hinter dem standesgemäß-farbenfroh gestalteten Gebäude auf Reihen von Platten, an denen die Beschichtungen der Witterung ausgesetzt werden. "Ist aber ein bisschen die alte Schule", winkt Ulrich Westerwelle ab. Er ist ebenso wie Norbert Pietschmann ein promovierter Chemiker und teilt sich mit ihm den Geschäftsführerposten.

Die meisten Testreihen finden heutzutage im Inneren des Gebäudekomplexes statt. In Klimakammern werden die Versuchsobjekte tropischen Temperaturen und triefender Luftfeuchtigkeit ausgesetzt. Norbert Pietschmann erklärt: "Die Testbedingungen sind genau definiert - ebenso wie die Zeiträume, nach denen dann die Objekte untersucht werden." Nach Schäden, zum Beispiel in Form von Korrosionsstellen, suchen die Mitarbeiter der Labore in Sudenburg dann.

Auch der Endverbraucher profitiert von der Arbeit der Magdeburger: Wenn Farben in Bau- und Supermärkten anhand von Klassifizierungen eine Bewertung auch für den Laien zulassen - dann haben Einrichtungen wie das iLF ihre Finger im Spiel. Sie untersuchen die Eigenschaften der Produkte - zum Beispiel was die Deckkraft und die Spritzneigung angeht. Ulrich Westerwelle: "Bei uns geht es aber um die einzelnen Parameter - wir werden niemals eine Wichtung der Eigenschaften vornehmen und für die einzelnen Produkte zusammenfassen, so dass eine Rangfolge wie bei der Stiftung Warentest entsteht."

Was die gerade für Magdeburg bedeutsame Produktion von Windkraftanlagen angeht, versucht das iLF, das organisatorisch in zwei Gesellschaften und einen Verein unterteilt ist, selbst Maßstäbe zu entwickeln. Der erste Prototyp einer Maschine steht in einem der Räume - und er wird regelmäßig genutzt. "Sie können sich sicher vorstellen, dass insbesondere die Rotorblätter enormen Beanspruchungen ausgesetzt sind", sagt Norbert Pietschmann.

Klar, die Spitze der Blätter wirbelt oft mit Geschwindigkeiten um 300 Stundenkilometer durch die Luft - und das bei Extrembedingungen. Sie müssen ganztägigem Sonnenschein samt aggressivem UV-Licht und Hitze ebenso standhalten wie winterlichen Frösten oder aprillaunigen Hagelschauern. All diese Einflüsse setzen den Bauteilen arg zu - und zwar beginnend an der Oberfläche, an den Lacken und Farben also.

In der vom iLF entwickelten Maschine wird das Leben der Rotorblätter im Schnelldurchlauf simuliert. Es soll ein Verfahren entwickelt werden, das Vorhersagen für die Bauteile nach mehreren Jahren Dauerbetrieb zulässt und vor allem die notwendigen Investitionen in neue Beschichtungen und weitere Instandsetzungsarbeiten abschätzbar machen.

Ulrich Westerwelle: "Natürlich arbeiten auch andere Entwicklungseinrichtungen an diesem Thema. Aber ich denke, wir haben hier ein paar sehr gute Ideen zusammengefasst, so dass es gar nicht einmal so unwahrscheinlich ist, dass sich unser Standard durchsetzt." Der Nutzen für die Magdeburger: Aufträge winken, und auch dem Ruf des iLF tut ein solcher Erfolg gut.

Keinen Zweifel allerdings lassen die beiden daran, dass sie sich Sorgen um die Zukunft machen - selbst wenn sich das Verfahren der Magdeburger durchsetzt. Norbert Pietschmann sagt: "In den vergangenen Jahren hat sich unser Schwerpunkt immer mehr weg von der industrienahen Forschung und Entwicklung hin zum Dienstleister verschoben." Vielmehr: Der Schwerpunkt ist von außen verschoben worden. Denn unerwartet und ohne Ankündigung sind die Fördermittel des Landes weggefallen.

Das ging nicht allein dem iLF, sondern auch anderen Forschungsbetrieben so, die die Wende gemeistert haben. Ulrich Westerwelle macht dabei deutlich: "Es ist ja verständlich, wenn Gelder gespart werden sollen und deshalb auch Zuschüsse für die Wirtschaft auf den Prüfstand kommen."

Dabei sei aber Augenmaß gefragt und vor allem hätte den betroffenen Instituten eine Übergangsfrist zugestanden werden sollen, um auch diesen Umbruch zu meistern. Ein offener Dialog wäre auf alle Fälle hilfreich gewesen. Zumal die industrienahen Institute auch in der Konkurrenz zu institutionell geförderten Forschungseinrichtungen oder weiterhin geförderten Forschungsbetrieben in anderen Bundesländern und im Ausland stehen.