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Berufe Frauen verschmähen Technik-Jobs

Dem Girlsday und allen weiteren Orientierungsangeboten zum Trotz
arbeitet jede zweite Arbeitnehmerin in Sachsen-Anhalt lieber als
Friseurin oder Floristin - obwohl die klassischen Frauenberufe oft
schlecht bezahlt sind.

07.05.2014, 01:12

Magdeburg l Die klassischen Berufsbilder von Männern und Frauen lassen sich auch nach jahrelanger Debatte um mehr Gleichstellung der Geschlechter nicht so einfach aufweichen. Wie die Arbeitsagentur in Halle auf Volksstimme-Anfrage am Dienstag mitteilte, ist die Hälfte aller in Sachsen-Anhalt beschäftigten Frauen oder Männer in Berufen tätig, in denen der Anteil des eigenen Geschlechts mindestens 80 Prozent beträgt.

Männer bevorzugen laut Statistik dabei vor allem technische Berufe, arbeiten als Klempner (Anteil: 99,7 Prozent), Schweißer (98,5 Prozent) oder Kfz-Techniker (97,7 Prozent). Frauen hingegen schmähen die Technik-Jobs, arbeiten vorwiegend als Friseurin (98,1 Prozent), Verkäuferin (92,1 Prozent) oder Altenpflegerin (88,7 Prozent).

Frauen verdienen ein Fünftel weniger Geld

Arbeitsagentur-Chef Kay Senius geht davon aus, dass sich daran auch in den kommenden Jahren nicht viel ändern wird. "Hartnäckig interessiert sich jede zweite Ausbildungsplatzbewerberin für einen der zehn häufigsten Berufe", erläutert Senius. Dabei könne der Markt diese Zahl an interessierten Frauen gar nicht aufnehmen.

Und die klassischen Frauenberufe kennzeichnen sich häufig dadurch aus, dass sie schlechter bezahlt sind, wenig Karrierechancen bieten und von Arbeitnehmerinnen häufig große Flexibilität bei den Arbeitszeiten einfordern. Ute Albersmann, Sprecherin des Justiz- und Gleichstellungsministeriums, bedauert die nach wie vor festen Berufsbilder. "Junge Frauen orientieren sich leider immer noch an den bestehenden Klischees, haben oft nicht den Blick für spannende Jobs", sagt Albersmann.

Eine der Folgen: Frauen in Sachsen-Anhalt verdienen statistisch betrachtet immer noch ein Fünftel weniger als Männer. Lediglich im direkten Vergleich zwischen Vollzeitbeschäftigten schneiden Frauen um 49 Euro besser ab. Weil nämlich in Sachsen-Anhalt viele Frauen auch in der öffentlichen Verwaltung arbeiten und dort vergleichsweise gut bezahlt werden, kommen sie im Monat auf 2202 Euro, Männer dagegen im Schnitt nur auf 2153 Euro.

Akademikerinnen wechseln auch in Männerberufe

Der Vergleich blendet jedoch die Vielzahl von Frauen aus, die - zumeist ungewollt - nur Teilzeit arbeiten oder als Mini-Jobberinnen beschäftigt sind. Und Teilzeit-Jobs sind in Sachsen-Anhalt vor allem Frauen-Sache. 44 Prozent von ihnen arbeiten in Teilzeit, bei den Männern sind es nur 10 Prozent.

Albersmann zufolge sind Akademikerinnen mittlerweile eher dazu bereit, sich auch mal in einem klassischen Männerberuf auszuprobieren. "Sie haben später wiederum aber auch damit zu kämpfen, dass ihnen Top-Positionen in Unternehmen oftmals verweigert werden."

Kaum Bewegung bei der Berufswahl sieht Albersmann hingegen bei Ausbildungsberufen. Das Land werde aber weiterhin Orientierungsangebote wie den Girlsday unterstützen. Auf intensive Beratung setzt auch Arbeitsagentur-Chef Senius: "Ich verweise auch gern auf unsere regionale Auflistung der Chancenberufe. Dort sind für jeden Kreis Chancenberufe mit Perspektiven aufgelistet."

Berufsbilder bleiben auch im Westen stabil

Die Berufsbilder bleiben nicht etwa nur in Sachsen-Anhalt festgefahren - auch bundesweit ergibt sich ein klares Bild, wie das Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) am Dienstag erklärte. 60 Prozent aller in Westdeutschland beschäftigten Frauen arbeiten in Frauenberufen, Männer sogar zu zwei Dritteln in Männerberufen. Arzthelfer oder Erzieher sind zu 90 Prozent Frauen.

Technische und verarbeitende Tätigkeiten wie Maurer, Kraftfahrzeuginstandsetzer und Tischler sind dagegen typische Männerberufe. Kaufmännische und gastronomische Berufe zählen zu den geschlechtergemischten Berufen. Während der Anteil der Frauen in Frauenberufen seit Mitte der 70er Jahre nur um rund vier Prozentpunkte sank, ist der Anteil der Männer in Männerberufen immerhin um rund acht Prozentpunkte zurückgegangen.