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Fördermittel gestrichen Stadtumbau gerät ins Stocken

In Sachsen-Anhalt stehen bundesweit die meisten Wohnungen leer: Etwa 14
Prozent der Mieteinheiten waren im vergangenen Jahr unbewohnt. Die
Wohnungsunternehmen reagieren mit Abriss. Doch die Fördermittel dafür
wurden gestrichen.

13.05.2014, 01:21

Magdeburg l Auf über 100 Millionen Euro mussten die kommunalen Wohnungsgesellschaften und die Wohnungsgenossenschaften im vergangenen Jahr verzichten, weil keine Miete auf ihre Konten floss. Der Leerstand von Wohnungen bedeutet für die Unternehmen jährlich Mietausfall in Millionenhöhe. Damit der von Jahr zu Jahr geringer ausfällt, wird abgerissen.

Seit der Jahrtausendwende seien schon mehr als 81.000 ungenutze Wohnungen abgetragen worden, erklärt der Direktor des Verbandes der Wohnungsbaugenossenschaften Sachsen-Anhalt, Ronald Meißner. Bei den Mitgliedsunternehmen seines Verbandes und des Verbandes der Wohnungswirtschaft Sachsen-Anhalt stünden zurzeit rund 39.000 Wohnungen leer. Zu den beiden Verbänden gehören 200 Wohnungsunternehmen. Zusammen bewirtschaften sie knapp 350.000 Wohnungen im Land, das sind 48 Prozent aller Mietwohnungen in Sachsen-Anhalt.

14 Prozent Leerstand in Sachsen-Anhalt

Der Wohnungsmarkt in Sachsen-Anhalt ist seit Jahren von Leerstand geprägt. Im bundesweiten Vergleich führt das Bundesland die unrühmliche Statistik mit 14 Prozent Leerstandsquote an. In Westdeutschland liegt dieser Anteil bei 8 Prozent.

"Sachsen-Anhalt bekommt die Folgen der demografischen Entwicklung voll zu spüren", sagte gestern Verbandsdirektor Ronald Meißner. Seit 1990 hat das Bundesland etwa 700000 Einwohner verloren. Während in den Ballungsräumen Berlin, München und Hamburg der Wohnraum knapp ist, ist in Sachsen-Anhalt der Leerstand das drängenste Problem.

Auch im vergangenen Jahr sind zwischen Altmark- und Burgenlandkreis wieder 5.000 Wohneinheiten abgerissen worden. Doch in diesem Jahr wird diese Zahl sinken. Für den Zeitraum zwischen 2015 und 2020 sehen die Mitgliedsunternehmen der Wohnungsverbände sogar nur noch einen Abriss von 8.080 Wohnungen vor. "Nötig wäre allerdings ein Abriss von 7.000 Wohnungen pro Jahr. Doch ohne die Altschuldenhilfe werden kaum Wohnungen abgerissen", erläuterte der Direktor des Verbandes der Wohnungswirtschaft, Jost Riecke.

Seit Mitte der 90er Jahre gewährte der Bund diese Altschuldenhilfe. Durch dieses Gesetz wurden die ostdeutschen Wohnungsunternehmen um etwa die Hälfte ihrer noch aus DDR-Zeiten stammenden Altschulden entlastet.

Altschuldenhilfe half beim Abriss

Seit einer Reform des Gesetzes 2001 profitierten die Unternehmen davon, wenn sie etwa leerstehende Plattenbauten abrissen. Denn die noch fälligen Schulden von den Abriss-Häusern wurden den Wohnungsgesellschaften komplett erlassen. Doch Ende 2013 lief diese Regelung aus, eine Nachfolgevereinbarung ist noch nicht in Sicht.

Der Stadtumbau Ost gerät deswegen ins Stocken. "Wenn nicht mehr abgerissen wird, werden marode Bestände zu Sicherheitsrisiken. Irgendwann müssen dann die Kommunen zwangsabreißen", so Riecke. Er und die Mitglieder der Wohnungsverbände fordern vom Bund daher neue Anreize zum Abriss von leerstehenden Gebäuden. "Wir brauchen einen Ersatz zur bisherigen Altschuldenregelung", erklärte der Verbandsdirektor.

Für Mieter hält der Wohnungsmarkt in Sachsen-Anhalt im bundesweiten Vergleich beinahe paradiesische Zustände bereit, so die beiden Verbandsdirektoren Riecke und Meißner. Die Kaltmiete liege durchschnittlich bei 4,61 Euro pro Quadratmeter. Große Unterschiede zwischen Stadt und Land gebe es nicht. Nahezu 94 Prozent der Wohnungen seien modernisiert oder teilmodernisiert. "Der erreichte hohe Sanierungsstand bei vergleichsweise günstigen Mieten ist ein wichtiger Standortfaktor für unser Land", sagte Riecke.

Altersgerechte Sanierung im Fokus

Besonders für energetische und altersgerechte Sanierung wollen die Wohnungsunternehmen mehr Geld ausgeben. Die Wohnungsverbände forderten Städte und Gemeinden auf, Demografiekonzepte zu erstellen, um die Herausforderungen einer alternden Gesellschaft bewältigen zu können.