Mitfahr-App Die Angst der Taxibranche

Die Konkurrenz kommt aus dem Smartphone. Die App Uber macht Privatleute
zu Taxifahrern. Die Branche protestiert lautstark. Uber wird das nicht
abhalten, sagt Wissenschaftler Hendrik Send. Auch in Sachsen-Anhalt wäre
der Dienst möglich.

14.06.2014, 01:16

Magdeburg l Der umstrittene Taxi-App-Dienst Uber will über Berlin hinaus in weitere deutsche Großstädte expandieren. "Auch in Halle und Magdeburg ist dieser Dienst sehr schnell vorstellbar", sagt Hendrik Send, der den Studiengang Online-Kommunikation an der Hochschule Anhalt in Bernburg leitet. Dienste wie Uber würden stets in Ballungsräumen beginnen und sich dann in andere Gebiete ausbreiten.

Die Branche läuft Sturm. In Berlin und in vielen Städten Europas gab es Streiks und Proteste. Auch in Sachsen-Anhalt sorgen sich die Taxifahrer, sehen ihre Existenz gefährdet. "Die Behörden müssen Uber verbieten", fordert Frank Tempel, der in Magdeburg ein Taxiunternehmen besitzt. Gleichzeitig fürchtet er um die Monopolstellung der Taxen für Personenbeförderung. "Wir müssen aufpassen, dass wir nicht die Kontrolle verlieren", so Tempel.

Google und Goldmann Sachs hinter Uber

In Berlin hatte das Landgericht Uber in einer einstweiligen Verfügung verboten. Der klagende Taxiunternehmer setzte das Urteil aber nicht durch. Er fürchtete sich bei einer Revision vor möglichen Schadenersatzforderungen durch den mächtigen Konkurrenten. Denn hinter Uber stehen Giganten wie Google und Goldman Sachs. In Hamburg verbot die Wirtschaftsbehörde kurzerhand den Dienst Wundercar. Simple Begründung: Auch Wundercar beförderte Personen gegen Entgelt, allerdings ohne Genehmigung.

"Die Bezeichnung, dass der Fahrer lediglich ein Trinkgeld erhalte, ist eine relativ offensichtliche Umgehung", meint der Magdeburger Verkehrsrechtsanwalt Andreas Gummert. Es handele sich dabei ganz klar um eine gewerbliche Tätigkeit. Und das ist wichtig für etwaige Fahrgäste. Entsteht der Eindruck der gewerblichen Absicht, kann der Versicherer Schadenersatzzahlungen verweigern. Denn der Fahrer müsste dann ein Gewerbe anmelden und mit einer höheren Kfz-Versicherungsprämie rechnen.

1,2 Milliarden Dollar frisches Geld von Investoren

"In Deutschland wird Uber mit dem jetzigen Konzept an die Wand fahren", glaubt auch Hendrik Send. Für die Kalifornier wäre das ein geplanter Fehlschlag. Auch in anderen Ländern hat man Ärger mit den Behörden. Doch der Atem der Firma aus San Francisco dürfte lang sein. Vor kurzem besorgte sich das Start-up 1,2 Milliarden Dollar frisches Geld von Investoren.

Uber sei ein geschickter Innovator und werde den Markteintritt in Deutschland schaffen, meint Send. Zur Not passe das Unternehmen seine Strategie an die Gesetze zur Personenbeförderung eben an. Eine Koexistenz von Taxiunternehmen und Angeboten wie Uber sei möglich, doch für die Branche unbequem. "Die Situation der meisten Taxifahrer ist prekär. Sie machen sich gegenseitig Konkurrenz, verdienen nicht viel Geld und dann kommt auch noch Uber. Da ist die Entrüstung groß", sagt Send.

Uber mischt den Markt auf. "Wir tun uns keinen Gefallen damit, Uber zu verbieten", sagt Send. Letztlich komme das Angebot dem Kunden zugute. Er hat die Wahl zwischen den Dienstleistern.

Hat es sich die Taxibranche gemütlich gemacht?

"Länder und Behörden müssen jetzt überlegen, wie sie damit umgehen, ob sie möglicherweise die Eintrittsbarrieren für Personenbeförderung anpassen. Die Taxibranche hat in den vergangenen Jahren nicht gerade mit Innovationen geglänzt", so Send.

Der Deutsche Taxi- und Mietwagenverband wehrt sich gegen die Darstellung als Ewiggestriger. "Der Rechtsbruch von Uber ist nicht das Internet zu benutzen, sondern dass gezielt an illegale Beförderer vermittelt wird", sagt Verbandspräsident Michael Müller. Zudem entstehe eine Schattenwirtschaft. "Wir werden mit Abgaben und Lohnvorgaben belastet und müssen zugucken, dass dort etwas passiert, was uns den Tod bringt", erklärt Müller.

Rückendeckung bekam Uber in dieser Woche aus Brüssel. Neelie Kroes, EU-Digitalkommissarin, empörte sich darüber, dass Uber in der belgischen Hauptstadt gerichtlich verboten wurde. Diese Entscheidung schütze nicht die Fahrgäste, sondern das Taxi-Kartell, so Kroes. Viele Fahrer würden sogar zugeben, dass sie bei einem solchen Modell mehr Kunden hätten und mehr Geld verdienen würden, denn als Angestellte eines großen Taxiunternehmens.