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Feuer Tod zweier Werkarbeiter war ein "heilsamer Schock"

Tragisches Geschehen vor einem Jahr in Papenburg löste Diskussion über die Arbeitsbedingungen von Osteuropäern in Deutschland aus.

12.07.2014, 01:27

Papenburg (dpa) l Zwei Männer sterben auf tragische Weise bei einem Feuer. Zwei Schweißer aus Rumänien, die für die Meyer Werft Kreuzfahrtschiffe bauen. Das war vor einem Jahr. Bei der Werft angestellt waren die 45 und 32 Jahre alten Männer nicht, sie arbeiteten für einen Subunternehmer. Ihr Tod sorgte schnell für eine bundesweite Diskussion über die Bedingungen, unter denen in Deutschland Werkarbeiter aus Osteuropa leben und arbeiten.

Was die Ursache des Brandes in dem Einfamilienhaus in der Papenburger Landsbergstraße war, konnte die Polizei nie klären, der rote Klinkerbau war zu schwer beschädigt. Klar war nur: Das Feuer brach am 13. Juli 2013 in einer nicht mehr benutzten Sauna aus.

So tragisch der Tod der beiden Kollegen war, er habe doch die Wirkung eines heilsamen Schocks gehabt, sagte Thomas Gelder, der Betriebsratsvorsitzende der Meyer Werft. Das Unternehmen reagierte, verabschiedete eine Sozialcharta und einen Verhaltenskodex für Partnerunternehmen, kam einer Forderung der IG Metall nach und vereinbarte mit der Gewerkschaft einen Tarifvertrag für Werkvertragsunternehmen.

Außerdem gibt es eine Arbeitsgruppe, "Task Force" genannt, die die Arbeitsbedingungen für Werkarbeiter auf der Werft ständig überprüft. "Es hat sich vieles verbessert, etwa bei den Arbeitszeiten und der Wohnsituation", stellte Gelder fest. Bei den Tausenden von Subunternehmern sei die Arbeit der Gruppe aber noch längst nicht beendet.

Auch die Stadt geriet nach dem tödlichen Brand in die Kritik. Erst nach der Katastrophe handelte sie und unterzog die Unterkünfte der Werkarbeiter Kontrollen. 102 Wohnungen seien inzwischen überprüft, 15 Bußgeldverfahren eingeleitet worden: Der Brandschutz sei mangelhaft, die Wohnungen schlicht überbelegt, zudem seien keine Fluchtwege gekennzeichnet, sagte Stadtsprecher Heiko Abbas.

Das Land finanziert seit dem vergangenen Herbst auch ein Beratungsangebot für osteuropäische Arbeitskräfte, das der gewerkschaftsnahe Verein Arbeit und Leben betreibt. Eine rumänische und eine bulgarische Muttersprachlerin betreuen Menschen im gesamten Weser-Ems-Raum. Denn nicht nur die Meyer Werft setzt auf Werkarbeiter aus den südosteuropäischen Ländern. Sie werden auch auf den Schlachthöfen und in der Landwirtschaft zu Tausenden eingesetzt.

Viele wissen nicht, ob sie krankenversichert sind. Es stockt einfach an der Sprache."

Es gibt offenkundig Bedarf, sagte Projektleiter Bernd Bischoff. "Wir können uns vor Beratungsanfragen kaum retten." 225 Menschen seien in den ersten sieben Monaten beraten worden. Zudem müssten seine beiden Mitarbeiterinnen oft dolmetschen. "Sie können ihren Arbeitsvertrag oft nicht lesen, sie wissen nicht, ob sie krankenversichert sind - es stockt oft einfach an der Sprache", sagte Bischoff über die Werkarbeiter.

Die Lage habe sich durchaus verbessert für die Menschen, stellte er fest. Die Arbeitgeber, vor allem die großen Unternehmen, unterstützten die Arbeit: "Sie wollen keine Skandale." Auch die Kommunen seien nach dem Brand in Papenburg kooperativer geworden. "Da sehen wir einen großen Fortschritt", sagte Bischoff. Allerdings: Ausgebeutet würden viele Osteuropäer immer noch, etwa, indem sie überteuerte Mieten für ihre Unterkünfte zahlen müssten.

Dass es inzwischen erste Tarifverträge für Werkarbeiter gibt, sei ein Fortschritt, würdigte der Leiter des IG Metall-Bezirks Küste, Meinhard Geiken. "Notwendig sind aber auch noch mehr Mitspracherechte der Betriebsräte", forderte er. Die Arbeitnehmervertreter in den Unternehmen müssten mitentscheiden können, wie lange und wie viele Werkarbeiter eingesetzt würden. Dass auch im Metall-Sektor immer mehr Werkarbeiter tätig seien, sehe er mit Sorge.

Werftsprecher Peter Hackmann verwies darauf, dass das Unternehmen den Einsatz der Werkarbeiter nicht nutze, um die Stammbelegschaft abzubauen, sondern um Arbeitsspitzen abzufedern. "Partner, die im Verdacht stehen, sich nicht an unsere Auflagen zu halten, sind keine mehr, ganz einfach", sagte er.