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CDU-Wirtschaftspolitiker Thomas verteidigt das Unternehmen - und bringt alle gegen sich auf Starker Gegenwind für Enercon

Von Michael Bock 20.09.2014, 03:10

Stürmische Debatte im Landtag zu Vorgängen beim Windkraftanlagenbauer Enercon: Der Rauswurf eines Betriebsrats in dem Vorzeigeunternehmen spaltet die Regierungsfraktionen.

Magdeburg l Die Linksfraktion hatte die aktuelle Debatte für Freitag beantragt. Auslöser für eine hitzige Debatte war die Entlassung des Betriebsratsvorsitzenden einer Enercon-Tochter, der WEA Service Ost GmbH in Magdeburg. Nach Angaben der IG Metall wurde er entlassen, weil er sich für Leiharbeiter eingesetzt und damit Kompetenzen überschritten habe. Enercon sagt hingegen, der Betriebsrat habe im Alleingang in die Zusammenarbeit mit einem Servicepartner eingegriffen.

Der Linken-Abgeordnete Frank Thiel warf Enercon vor, durch die Zergliederung in 15 Betriebsteile um Magdeburg Arbeitnehmerrechte zu zerschlagen und Arbeitsbedingungen zu verschlechtern. Es gehe der Geschäftsführung darum, "Gewerkschaften im Betrieb zu verhindern und an ausgewählten Personen und bei jeder Gelegenheit ein Exempel zu statuieren", sagte er. Thiel forderte, die Vergabe von staatlichem Fördergeld von der betrieblichen Mitbestimmung abhängig zu machen.

Arbeitsminister Norbert Bischoff (SPD) sagte, die Mitbestimmung sei eine der großen Errungenschaften der sozialen Marktwirtschaft. In vielen Unternehmen im Land würden Management und Betriebsräte gut zusammenarbeiten. Bei Enercon deute aber einiges darauf hin, dass der Rausschmiss des Betriebsratschefs "nicht sachlich begründet" sei. "Solche Negativ-Beispiele muss man sehr ernst nehmen", sagte der Minister. Ein führendes Unternehmen wie Enercon sollte auch bei der Mitbestimmung seiner Mitarbeiter führend sein.

Dann trat CDU-Wirtschaftspolitiker Ulrich Thomas ans Rednerpult - und die Debatte wurde temperamentvoll. Er sprach von "angeblichen Vorwürfen" und kritisierte, dass "firmeninterne Angelegenheiten in die Öffentlichkeit gehievt werden, ohne Hintergründe zu kennen".

Enercon sei einer der wichtigsten Steuerzahler in Magdeburg und einer der wichtigsten Arbeitgeber in der Region, sagte er. Er könne sich des Eindrucks nicht erwehren, dass "in den sozialen Netzwerken eine großangelegte Kampagne organisiert wird". Thomas, der immer wieder von Zwischenrufen unterbrochen wurde, sprach von einem "Rundumschlag". Er nannte die Diskussion "populistisch". Es gebe einen "Machtkampf", sagte der CDU-Mann. Die IG Metall wolle ihren Einfluss bei Enercon ausweiten. Ausdrücklich nahm er die Geschäftsführung in Schutz: In dem Unternehmen würden doch keine "seelenlosen Manager" sitzen, "die ihre Mitarbeiter ausbeuten".

Linke-Fraktionschef Wulf Gallert sprach süffisant von einer "bemerkenswerten Rede" und fügte hinzu: "Ich werde für die Verbreitung sorgen." Auch in der CDU waren nicht alle mit den Ausführungen von Thomas glücklich. SPD-Chefin Katrin Budde hatte Enercon bereits am Mittwoch vorgeworfen, die gewerkschaftliche Arbeit zu behindern. Die Rede des CDU-Manns trieb ihr die Zornesröte ins Gesicht. "Was hier stattfindet, Herr Thomas, ist eine notwendige gesellschaftliche Debatte", schleuderte sie ihm entgegen. "Gewählte Betriebsräte kündigt man nicht." Weiter: "Wenn Gewerkschaften aus dem Betrieb gedrängt werden, kann ich nur sagen: Gute Nacht, Deutschland!" Enercon müsse zu einer "ordentlichen Sozialpartnerschaft" zurückfinden, sagte sie. Und erntete viel Applaus bei SPD, Linken und Grünen.

Enercon ist Deutschlands größter Hersteller von Windkraftanlagen. Das Unternehmen hat weltweit rund 13000 Mitarbeiter. Im Raum Magdeburg gibt es laut IG Metall 15 Standorte mit insgesamt 4000 Beschäftigten. Bei der WEA Service Ost arbeiten rund 280 Stammbeschäftigte und etwa 60 Leiharbeiter.