Tierhaltungsverbot Ohrfeige für Straathof

20.000 Ferkel verkauft Adrianus Straathof wöchentlich in Deutschland. Er
gehört zu Europas größten Schweinezüchtern. Sechs seiner Anlagen stehen
in Sachsen-Anhalt. Jetzt hat der Landkreis Jerichower Land ihm ein
Tierhaltungsverbot ausgesprochen - tritt es in Kraft, bedeutet das sein
Berufsverbot.

Von Franziska Ellrich 11.12.2014, 02:04

Gladau l Noch stehen Zehntausende Schweine dicht gedrängt in den engen Metallkäfigen der Schweinenzuchtanlage Gladau GmbH bei Genthin im Jerichower Land. Doch geht es nach den Mitarbeitern des Landkreises, wäre damit schon heute Schluss. Vor zwei Wochen hat die Behörde gegenüber Adrianus Straathof ein Tierhaltungsverbot ausgesprochen. Die Gladauer Anlage ist nur einer der mehr als 25 Produktionsstandorte (sechs davon in Sachsen-Anhalt), die zur Straathof Holding GmbH und verschiedenen Tochtergesellschaften gehören. Geschäftsführer ist der Niederländer Adrianus Straathof. Für ihn gleicht es einem Berufsverbot.

Auslöser: Beanstandet wurden bei Kontrollen wiederholt die Wasserversorgung, die tierärztliche Behandlung und die Größe der sogenannten Kastenstände. Die Folgen: Behördliche Auflagen, Buß- und Zwangsgelder in Millionenhöhe sowie Strafanzeigen. "Die Entscheidung des Landkreises erfolgte nach umfänglicher Prüfung der durch die Kontrollen festgestellten Sachverhalte", begründet Kreissprecher Henry Liebe die Entscheidung. Warum die Tiere trotzdem noch in den Ställen stehen, erklärt Heidrun Spengler-Knappe von Straathof auf Volksstimme-Nachfrage: Innerhalb weniger Stunden, nachdem das Verbot Straathofs Anwälten mitgeteilt wurde, hätten diese eine Verfügung des Verwaltungsgerichtes Magdeburg erhalten, mit der die sofortige Vollziehbarkeit bis zu einer Entscheidung des Gerichts ausgesetzt wurde.

Denn: Straathof klagt gegen das Verbot und laut Verwaltungsgericht erscheine "sein Begehren nicht als offensichtlich aussichtlos". Tatsächlich leide der Bescheid an zahlreichen offensichtlichen Rechtsmängeln, ist Spengler-Knappe überzeugt.

Sieht es das Verwaltungsgericht anders und entscheidet im Eilverfahren, dass das Verbot rechtskräftig wird, betrifft dies laut Kreissprecher Liebe Adrianus Straathof persönlich, "nicht seine Firmen als juristische Personen". Das Haltungsverbot betreffe trotzdem bundesweit alle Betriebe, "in denen Straathof Geschäftsführer ist oder als Eigentümer Einfluss auf die Tierhaltung hat", berichtet der "Stern" in seiner aktuellen Ausgabe.

Dazu Grünen-Landtagsabgeordnete Dorothea Frederking: "Das ist ein Befreiungsschlag für die gequälten Schweine." Über mehrere Jahre hinweg habe Straathof den Tieren in seinen Anlagen erhebliche Schmerzen, Leiden und Schäden zugefügt. Der "Stern" schreibt von amtstierärztlichen Stellungnahmen, die genau das bestätigen sollen. Sie sind das Ergebnis der groß angelegten Durchsuchung im vergangenen März. Diese hatte die Staatsanwaltschaft Stendal veranlasst. Jede der Haltungsanlagen wurde dabei genau ausgemessen, erklärte damals Staatsanwalt Thomas Kramer.

Landwirtschaftsminister Hermann Onko Aeikens befürwortet die jetzt gefallene Entscheidung des Landkreises. "Die zuständigen Behörden sind von mir angehalten, das Thema Tierschutz engagiert anzugehen", sagt der Minister gestern gegenüber der Volksstimme. Der Landkreis habe Konsequenzen aus den bei Kontrollen wiederholt festgestellten Verstößen gegen die Tierhaltungsordnung gezogen. Wenn trotz Zwangsgeldern die Haltungsbedingungen nicht gesetzeskonform sind, müsse man zu anderen Sanktionsmaßnahmen greifen - notfalls zum Haltungsverbot. "Die Einhaltung des Tierschutzrechtes gilt für alle - ob große oder kleine Tierhalter", so Aeikens.