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Panikkäufe an Wechselstuben in Russland Der Rubel stürzt ins Bodenlose

Eine kräftige Zinsanhebung soll den Rubel-Verfall stoppen. Experten loben den Schritt der Zentralbank in Moskau zwar, halten ihn aber für überfällig und unzureichend.

17.12.2014, 01:12

Moskau (dpa) l Auch die zweite massive Anhebung des Leitzinses innerhalb einer Woche hat die rasante Talfahrt des russischen Rubel nicht gestoppt. An der Moskauer Börse sackte der Rubel-Wert am Dienstag auf einen Tiefstand. Im Devisenhandel kostete 1 Euro am Abend knapp 91 Rubel, zwölf Rubel mehr als am Montag. Der Dollar verteuerte sich um etwa 8 Rubel auf 72 Rubel. Die Zentralbank in Moskau nannte die Lage "kritisch".

Die Behörde hatte noch in der Nacht versucht, mit einer überraschenden Anhebung des Leitzinses um 6,5 Prozentpunkte auf 17 Prozent den Verfall zu stoppen. Bereits am 11. Dezember war der Zinssatz auf 10,5 Prozent angehoben worden.

Im Devisenhandel in Moskau durchbrach der Euro zeitweilig sogar die psychologisch bedeutsame Marke von 100 Rubel, erholte sich dann aber wieder leicht. Es waren ähnlich starke Verluste wie am Montag, als der Kurs um zehn Prozent eingebrochen war. An Wechselstuben kam es Medien zufolge teilweise zu Panikkäufen von Westgeld, weil viele Russen einen totalen Wertverfall wie in den 1990er Jahren befürchteten.

Finanzexperten lobten den Zinsschritt als zwar "zwingend nötig", nannten ihn aber auch "überfällig" und unzureichend. Unternehmer kritisierten, die Regierung rette das Finanzsystem auf Kosten der Wirtschaftsentwicklung.

Zentralbank-Chefin Elvira Nabiullina sagte, dass der Zinsschritt vor allem gegen Währungsspekulanten gerichtet sei. Sie meinte, dass sich der unlängst dem freien Markt übergebene Rubel bald stabilisieren werde. Der Leitzins sei auch angehoben worden, um die Inflation zu zügeln.

Die Entscheidung der Zentralbank sei "richtig" gewesen, so der frühere Finanzminister Alexej Kudrin. Der Rubel sei aber derzeit so schwach, weil insgesamt das Vertrauen in die Wirtschaft fehle. "Nach diesem Schritt müssen nun Entscheidungen der Regierung folgen, das Vertrauen der Investoren in die russische Ökonomie zu stärken", sagte Kudrin.

Unternehmer kritisierten, dass der hohe Leitzins die Konkurrenzfähigkeit der russischen Wirtschaft gefährde. Für die ohnehin angeschlagene Konjunktur Russlands ist der Zinssprung ein Schlag, weil höhere Zinsen den privaten Verbrauch und die Investitionen der Unternehmen zusätzlich belasten dürften.

Nach der Zinsentscheidung hatte der Rubel am Dienstagmorgen zunächst zugelegt. Wenig später fiel der Kurs dann aber erneut. An der Moskauer Börse kam es zu extremen Kursschwankungen nach der Zinsentscheidung. Der RTS-Interfax-Index brach bis zum frühen Nachmittag um mehr als 16 Prozent ein.

Schon am Vortag war es für den russischen Index um mehr als zehn Prozent bergab gegangen, wobei auch die anhaltenden Spekulationen über eine früher als erwartet anstehende Leitzinserhöhung in den USA ausschlaggebend gewesen waren. Seit Ende November hat der RTS inzwischen fast 40 Prozent verloren. Seit dem Hoch im Sommer beträgt das Minus annähernd 60 Prozent.

Die russische Zentralbank versucht seit Tagen vergeblich, mit einem Mix aus Leitzinsanhebungen und Devisen-Verkäufen den Rubel zu stabilisieren. Seit Anfang Dezember hat die Bank bisher knapp sechs Milliarden US-Dollar verkauft, um den Kurs zu stützen.

Als Grund für die Rubel-Talfahrt nennen die Behörden neben Währungsspekulationen den niedrigen Ölpreis und das schlechte Investitionsklima wegen der Sanktionen des Westens gegen Russland im Ukraine-Konflikt. Seit Jahresbeginn hat der Rubel mehr als 60 Prozent seines Wertes zum Dollar und Euro verloren.