Wildtier-Haltung in Sachsen-Anhalt Wilde Weihnachten

Wild ist vor allem etwas für die Weihnachtszeit. Hirsche und Rehe müssen
aber nicht zwangsläufig in freier Wildbahn geschossen worden sein. In
Sachsen-Anhalt leben mehr als 7000 Wildtiere im Gatter. Die Halter
wollen ein Ganzjahresgeschäft daraus machen.

23.12.2014, 01:14

Magdeburg l Wolfgang Eggers hatte viel zu tun in der Vorweihnachtszeit. "Die Nachfrage nach Wildfleisch aus Gehegehaltung ist größer geworden", erklärt der Vorsitzende des Wildtierhalterverbandes in Sachsen-Anhalt. Seine Kühlkammer ist geplündert. "Wir sind ausverkauft", sagt Eggers, der in einem Gehege in Calvörde (Landkreis Börde) Rot- und Damwild züchtet. Seinen Kollegen im Land geht es ähnlich. 534 Halter züchten in Sachsen-Anhalt Wildtiere. Bis zu 30 Euro legen die Kunden für ein Kilogramm Rücken oder Keule auf den Tisch.

Seit September hat Wolfgang Eggers etwa 80 Damwildtiere auf seinem Gelände erlegt. Mehr als eine Tonne Wildfleisch hat er abgesetzt. "Es ist im Bewusstsein der Menschen angekommen, dass die Tiere bei uns sorgsam und artgerecht gehalten werden", so der 66-Jährige, der seit 2007 Wildtiere züchtet. Auf einer Fläche von 37 Hektar kann sich das Wild frei bewegen. Eggers ist überzeugt von der Wildtierhaltung im Gehege. Er sagt: "Das Fleisch dieser Tiere schmeckt besser als das der Tiere, die von Jägern in den Wäldern geschossen werden." Das Wildfleisch aus Gatterhaltung habe nach vier Tagen seine größte Zartheit und den besten Geschmack.

Die Tiere in dem Gehege von Eggers werden mit einem Schalldämpfer aus geringer Entfernung geschossen. So erschrickt die Herde nicht. Im Fleisch bildet sich kein Adrenalin, der strenge Geruch von Wildfleisch kann nicht entstehen. Nach der Tötung muss innerhalb von 45 Sekunden die Halsschlagader des Tieres geöffnet werden, um es ausbluten zu lassen. Das schreibt die Tierschutzverordnung vor. Danach wird das Tier in die hofeigene Schlachtung gebracht, dort zerlegt und gekühlt.

Derzeit weiden bei Wolfgang Eggers noch 130 Hirsche und Hirschkühe. Diesen Bestand braucht er, um die Reproduktion zu sichern. "Im Juni haben wir dann etwa 90 Kälbchen, die dann im darauffolgenden Jahr geschlachtet werden können", erklärt der pensionierte Ingenieur. Eggers will mit dem Wildfleisch das ganze Jahr über Geld verdienen. "Wir müssen keine Schonzeiten berücksichtigen wie etwa die Jäger", erklärt er.

Fast 90000 Wildtiere sind 2013 im Land erlegt worden

Doch der Hunger auf Wildfleisch hält sich bei den Deutschen noch immer in Grenzen. Nach Zahlen des Landwirtschaftsministeriums verzehrt ein Bundesbürger innerhalb eines Jahres 54 Kilo Schwein, 19 Kilo Geflügel, 13 Kilo Rind - aber nur 1,5 Kilogramm Wild und Kaninchen. Nicht mehr und nicht weniger als vor zwei Jahrzehnten.

Ein Großteil des Wildmarktes spielt sich noch immer in einem Graubereich ab. Das Wild verbleibt in den Haushalten der Züchter und Jäger oder wird von ihnen direkt vertrieben - an Verwandte und Freunde, aber auch an Restaurants und Gaststätten. Ein Novum in der sonst streng reglementierten Lebensmittelbranche.

In Sachsen-Anhalt gibt es neben den Wild-Haltern derzeit 12000 Jäger. Im vergangenen Jahr sind nach Angaben des Landesverwaltungsamtes 89536 Wildtiere wie Hirsche, Schweine und Rehe erlegt worden. Am häufigsten kam Rehwild den Jägern vor die Flinte. Nahezu 50000 Stück wurden 2013 zwischen Altmark und Harz geschossen.