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Tarifrunde der Metall- und Elektroindustrie IG Metall droht mit Streiks

Die Gewerkschaft IG Metall will für die 46.000 Beschäftigten in der
Metall- und Elektroindustrie Sachsen-Anhalts ein Lohnplus von 5,5
Prozent in den neuen Tarifvertrag verhandeln. Arbeitgeber bezeichnen
dies als "völlig überzogen". Auch bei Fragen der Bildungs- und
Altersteilzeit ist eine schnelle Einigung ausgeschlossen.

20.01.2015, 01:06

Magdeburg l Am heutigen Dienstag sitzen sich Hartmut Meine von der IG Metall und Matthias Menger vom Verband der Metall- und Elektroindustrie Sachsen-Anhalt gegenüber. An einem Tisch im Hotel Ratswaage in Magdeburg werden sie sich in die Augen blicken. Meine, der IG-Metall-Bezirksleiter und Verhandlungsführer der am Dienstag beginnenden Tarifrunde ist, wird dem Arbeitgebervertreter seine Forderungen unterbreiten. 5,5 Prozent mehr Geld sowie Zugeständnisse für Bildungs- und Altersteilzeit will Meine für die Beschäftigten durchboxen.

Meine, der am Montag bereits mit Arbeitgebervertretern in Niedersachsen über einen neuen Tarifvertrag verhandelte, hält diese Forderungen für gerechtfertigt. "Die wirtschaftliche Lage ist stabil, die Aussichten sind sehr gut", sagte Meine. Die Schwäche des Euro gegenüber dem Dollar würde sich positiv auf die exportabhängige Metall- und Elektroindustrie auswirken. Auch der niedrige Ölpreis hätte nur gute Folgen für die wirtschaftliche Entwicklung der Branche.

Die Arbeitnehmer fordern neben einer Neuregelung für auslaufende Altersteilzeitregelungen auch eine Bildungsteilzeit. Dabei sollen Interessierte vier Jahre lang 87 Prozent der Nettobezüge erhalten und dafür zunächst zwei Jahre voll weiterarbeiten - anfangs also auf Einkommen verzichten. Die letzten zwei Jahre hätten sie dann aber bei ebenfalls 87 Prozent vom Netto eine Fortbildungspause, etwa für eine Qualifizierung zum Meister, Techniker oder Betriebswirt.

Die Arbeitgeber lehnen das geforderte Dreier-Paket der IG Metall ab. "Das Paket der Gewerkschaft ist ambitioniert", sagte Matthias Menger, Geschäftsführer des Verbands der Metall- und Elektroindustrie Sachsen-Anhalt, süffisant. "Und es ist völlig überzogen." Die Entgeltforderungen der Gewerkschaft seien mit der prognostizierten wirtschaftlichen Entwicklung der Branche nicht zu vereinbaren. Die Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie rechnen 2015 mit einem geringen Wachstum. "Es ist schon ein Erfolg, wenn die Lage stabil bleibt", erklärte Menger.

Angesichts der massenhaften Frühverrentung von Mitarbeitern lehnt Menger auch eine Ausweitung der Altersteilzeit ab. Die Rente mit 63 stelle schon jetzt besonders kleinere Betriebe vor Herausforderungen. "Da gehen Menschen mit großer Erfahrung und Leistungsbereitschaft früher in Pension als vom Chef erwartet. Dies ist nicht ohne Weiteres und sofort zu ersetzen", sagte Menger. Er rechnet mit harten Verhandlungen. IG Metall-Bezirkschef Hartmut Meine erwartet von den Arbeitgebern zur zweiten Verhandlungsrunde Ende Januar ein Angebot. Der Wortführer hält Warnstreiks für "möglich und wahrscheinlich", wenn die Friedenspflicht am 28. Januar endet.

46.139 Menschen arbeiten in Sachsen-Anhalt für die Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie. Zwischen Januar und September 2014 verbuchte die Branche einen Gesamtumsatz von 7,1 Milliarden Euro. Zu den Betrieben gehören Automobilzulieferer, Maschinenbauer, Gießereien und auch die Solarbranche. Mittlerweile zahlen knapp 60 Betriebe aus dem Bundesland nach Tarif. Vor zehn Jahren seien es nur 30 gewesen, sagte Hartmut Meine MDR Info: "Das Thema Tarifflucht hat sich vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels um 180 Grad gedreht." Noch erhielten aber nur knapp 15,000 Beschäftigte den Tariflohn.