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Regeln für multinationale Konzerne Legale Steuertricks sind bald passé

Multis wie Apple, Amazon, Google oder Starbucks können Gewinne und Kosten über Ländergrenzen hin und her schieben - zum Nachteil der Staatskassen. In Istanbul beraten die G-20-Finanzminister weitere Schritte, um Tricksereien zu verhindern.

10.02.2015, 01:27

Istanbul (dpa) l Die Bundesregierung dringt in der G-20-Gruppe der führenden Industrie- und Schwellenländer auf rasche Fortschritte im Kampf gegen Steuerflucht und -Tricksereien. Man wolle "das Momentum, das wir in den letzten Jahren erreicht haben, weiter voranbringen", sagte Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) am Montag am Rande eines Treffens der G-20-Finanzminister und -Notenbankchefs in Istanbul. Er arbeite darauf hin, "dass bei der Implementierung des vereinbarten automatischen Informationsaustauschs der Druck drauf bleibt":

1. Worum geht es im Kampf gegen "aggressive Steuergestaltung"?
Bis Ende 2015 soll ein von der OECD erstellter Aktionsplan (BEPS/"Base Erosion and Profit Shifting") stehen. Er soll 15 Maßnahmen enthalten, sieben davon hatte die OECD schon 2014 auf dem G-20-Gipfel im australischen Brisbane vorgelegt. Der Rest soll auf dem Treffen der G-20-Staats- und Regierungschefs in diesem Jahr in Antalya folgen.

2. Wie funktionieren Gewinnverlagerungen?
Die Multis erzielen zwar hohe Gewinne, zahlen aber dank legaler Tricks und eines komplizierten Firmengeflechts wenig oder gar keine Ertragssteuern. Sie verschieben Gewinne und Aktivitäten zwischen Hochsteuer- in Tiefsteuerländern hin und her - auch unter Ausnutzung international nicht abgestimmter Steuerregeln und jeweiliger nationaler Schlupflöcher. Verlagert werden Patente, Markenrechte, Lizenzgebühren oder Darlehenszinsen in Tochterfirmen in Steueroasen und Niedrigsteuerländer. Das drückt den zu versteuernden Gewinn.

3. Wie sollen die Schlupflöcher gestopft werden?
Künftig sollen Firmen dort Steuern zahlen, wo sie Produkte fertigen und Patente entwickeln - und nicht dort, wo Briefkastenfirmen unterhalten werden. Die Regeln zur Besteuerung von Betriebsstätten sind teils fast 100 Jahre alt. Im Zeitalter von Internet und Onlinehandel ist es aber immer schwieriger zu klären, welchem Land Geschäfte sowie Produkte und damit Gewinne und Steuern zuzuordnen sind.

4. Ist der Umgang mit Internet-Riesen das einzige Problem?
Nein. Gelöst werden soll auch das Problem der "doppelten Nichtbesteuerung". Das passiert, wenn zwei Länder die Rechtsform eines Unternehmens und die Transfers unterschiedlich einstufen, so dass Zahlungsströme gar nicht mehr besteuert werden. Tochterfirmen machen Zahlungen an ihre Zentrale im Ausland als Zinsen steuermindernd geltend, die Konzernmutter aber streicht das Geld als steuerfreie Dividende ein. Konzerne sollen sich nicht mehr arm rechnen können, indem Mutter und Töchter völlig überhöhte Preise für interne Leistungen untereinander verrechnen.

5. Wie kann gegen die Tricksereien vorgegangen werden?
Unter anderem soll ein Missbrauch von Doppelbesteuerungsabkommen eingedämmt werden. Davon gibt es weltweit mehr als 3000. Geplant ist hier ein multilaterales Instrument - eine Art Werkzeugkasten, um Änderungen schnell umzusetzen. Schließlich sollen Konzerne den Steuerbehörden mitteilen, wie viel Steuern sie wo bezahlen.

6. Viele Länder, auch in der EU, locken doch mit Steueranreizen?
In der Tat. Lizenzgebühren etwa sind beliebt, um steuerpflichtige Gewinne bei einem Konzernteil in einem Land zu drücken, die bei einer Tochter als Einnahmen gering belastet werden. Lizenzeinkünfte werden dort minimal besteuert, ohne dass tatsächlich geforscht und entwickelt wird. Der Druck auf Firmen, dies aus Konkurrenzgründen zu nutzen, steigt ebenso, wie der Druck auf Staaten, solche "Lizenz-" oder "Patent-Boxen" als Lockmittel ebenfalls einzuführen.

7. Wie ist der Stand der Beratungen zu solchen "Patentboxen"?
Ursprünglich sollte das Sparmodell abgeschafft werden. Inzwischen geht es um die Frage, ob "Patentboxen" harmlos sind und zumindest einheitliche Regeln vereinbart werden sollten. Finanzminister Wolfgang Schäuble und sein britischer Kollege George Osborne schlagen vor, dass Forschungs- und Patenteinnahmen von Unternehmen künftig nur dort steuerlich begünstigt werden sollen, wo die Forschungsaktivitäten auch tatsächlich stattfinden.