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IBG-Untersuchungsausschuss Unternehmer Klaas Hübner: "Bis zur Ministerebene abgesegnet"

Unternehmen aus dem Firmenreich des früheren SPD-Bundestagsabgeordneten
Klaas Hübner haben 5,25 Millionen Euro Steuergelder bekommen, um
Schulden begleichen zu können. Landesrechnungshof und Opposition
kritisieren das Verfahren. Hübner selbst wurde am Mittwoch im
IBG-Untersuchungsausschuss als Zeuge vernommen.

Von Michael Bock und Hagen Eichler 23.04.2015, 01:21

Magdeburg l Im Zentrum des Interesses der Mitglieder des Untersuchungsausschuss steht die Schlossgruppe Neugattersleben, an deren Unternehmen Klaas Hübner und Familienmitglieder als Gesellschafter beteiligt sind. In den Fokus rückten gestern vor allem Ereignisse im Mai 2012. Seinerzeit wurden Firmen der Gruppe aus finanziellen Schwierigkeiten gerettet. Das aber auf eine Art und Weise, die der Landesrechnungshof als "verdeckte Finanzierung" bezeichnet.

Gelder in Höhe von 5,25 Millionen Euro, die eigentlich zur Wachstumsfinanzierung von drei Unternehmen der Schlossgruppe gedacht waren, flossen komplett in den Rückkauf von Banken-Forderungen. Thomas Leimbach (CDU) sprach im Ausschuss von einem "seltsam anmutenden, gewagten Konstrukt", für das es in Sachsen-Anhalt kein weiteres Beispiel gebe.

Gestern sagte Klaas Hübner vor dem IBG-Untersuchungsausschuss aus - und beteuerte, er habe sich nichts zuschulden kommen lassen. Hübner zeigte sich gut vorbereitet, sehr redegewandt und auch angriffslustig. Er habe niemals verheimlicht, dass die IBG-Beteiligung von 5,25 Millionen Euro zum Aufkauf von Bankschulden diene, betonte der Unternehmer. "Jeder, bis hin zur Aufsichtsratsspitze, hat dieses Modell gesehen und verstanden", sagte der 47-Jährige. "Bis zur Ministerebene ist das Modell abgesegnet worden."

Mehrere Abgeordnete hielten ihm vor, diese Geldverwendung widerspreche den Beteiligungsregeln der landeseigenen IBG. Nach diesen sollen kleine und mittelständische Unternehmen mit innovativem Charakter und Firmen auf Wachstumskurs unterstützt werden. Hübner entgegnete, er habe diese Regeln nicht gekannt.

Laut Hübner hat die IBG bei einem Förder-Gesamtvolumen von 300 Millionen Euro "in der Spitze" rund 29 Millionen Euro in Unternehmen der Schlossgruppe investiert. Warum hat die IBG so viel Geld in Unternehmen der Schlossgruppe gesteckt? Hübner dazu: "Das müssen Sie die IBG fragen." Und überhaupt: "Man stellt den Antrag und wartet, was der andere daraus macht." Dabei würden fünf Prüfverfahren durchlaufen, in die auch externe Wirtschaftsprüfer, der Beteiligungsausschuss und der Aufsichtsrat eingebunden seien. Hübner: "Es ist nicht Aufgabe des Antragstellers, zu prüfen, ob sich die IBG an ihre eigenen Richtlinien hält."

Ähnlich äußerte sich Hübners 70-jähriger Vater, der die Geschäfte der Familienunternehmen bis 2011 geführt hatte. Der Unternehmensberater räumte ein, dass er bei vorherigen IBG-Beteiligungen an Hübner-Firmen durch seine Unterschrift bestätigte, dass er die IBG-Regeln anerkenne. "Ich erkenne sie an. Aber ich kenne sie nicht." Er sei nicht anders als viele Menschen, die per Unterschrift die Allgemeinen Geschäftbedingungen eines Unternehmens bestätigten, ohne sie zu lesen.

Die Aussage der beiden Hübners, die Spitze des Wirtschaftsministeriums habe die Rettung der Schlossgruppe gebilligt, wird durch ein Protokoll des IBG-Aufsichtsrates gestützt, das der Volksstimme vorliegt. In dem einstimmigen Beschluss heißt es, die 5,25 Millionen Euro seien für den "Abkauf der bestehenden Bankenverbindlichkeiten" vorgesehen.

Aufsichtsratsvorsitzende war zu der Zeit Wirtschaftsministerin Birgitta Wolff (CDU). Im Aufsichtsrat war auch Michael Richter (CDU), damals Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, heute in gleicher Funktion im Finanzministerium. Das Wirtschaftsministerium verwies gestern auf eine "derzeit laufende gesonderte fachaufsichtliche Prüfung".

Klaas Hübner bestritt energisch, er habe jemals politische Kontakte genutzt, um für Firmen seiner Familie Vorteile zu erlangen. Während seiner Zeit als Bundestagsabgeordneter (2002 bis 2009) habe er die Firmenleitung komplett an seinen Vater abgegeben. Davor und danach habe er zwar auch mit Politikern gesprochen, doch nie über die Schlossgruppe.

Frank Thiel (Linke) sagte nach der Ausschusssitzung, dass Steuergelder in Millionenhöhe mit "unlauteren Mitteln" umgeleitet worden seien. Olaf Meister (Grüne) sagte: "Es hat sich herausgestellt, dass der eigentliche Förderzweck nicht erfüllt wurde. Und alle wussten Bescheid."