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Rücktritt Paukenschlag bei der Deutschen Bank

Die Kritik war wohl zu heftig, die Erfolge überschaubar und der Kulturwandel nicht überzeugend genug: Die Co-Chefs der Deutschen Bank, Fitschen und Jain, kündigen ihren Abgang an. Ein Brite soll das Geldhaus nun wieder in die Spur bringen.

08.06.2015, 01:47

Frankfurt/Main (AFP) l Neustart bei der Deutschen Bank: Die beiden unter Druck geratenen Vorstandsvorsitzenden Jürgen Fitschen und Anshu Jain werden abgelöst. Jain trete zum 30. Juni zurück, Fitschen bleibe noch bis zur Hauptversammlung im Mai kommenden Jahres im Amt, teilte die Bank am Sonntag mit. Neuer Chef werde der bisherige Aufsichtsrat John Cryan. Der Aufsichtsratsvorsitzende Paul Achleitner nannte den Briten "die richtige Persönlichkeit zur richtigen Zeit".

Die Neuaufstellung der Spitze beschloss der Aufsichtsrat den Angaben zufolge am Sonntag in einer außerordentlichen Sitzung. Cryan wird demnach ab 1. Juli Co-Vorstandschef an Fitschens Seite. Nach dessen Abschied bei der Hauptversammlung am 19. Mai 2016 führt Cryan den Vorsitz allein.

Reformprogramm fortführen

Laut der Bank entschieden sich Jain und Fitschen selbst zum Rückzug. Ihre Verträge wären eigentlich noch bis Ende März 2017 gelaufen. Jain soll ab Juli und noch bis Januar als Berater für die größte deutsche Bank tätig sein. Der längere Verbleib von Fitschen an der Vorstandsspitze soll nach Angaben des Unternehmens "einen geregelten Übergang" sicherstellen.

John Cryan ist seit 2013 Aufsichtsratsmitglied und dort unter anderem Vorsitzender des Prüfungsausschusses. 2008 bis 2011 war der 54-Jährige Finanzvorstand der Schweizer Großbank UBS, später Europa-Präsident des Staatsfonds von Singapur. Nun Deutsche-Bank-Vorstandschef zu werden, sei "eine große Ehre" erklärte Cryan. Die Zukunft des Hauses hänge davon ab, "wie gut wir unsere Strategie umsetzen, unsere Kunden überzeugen und die Komplexität reduzieren".

Deutsche-Bank-Aufsichtsratschef Achleitner attestierte Cryan "große Erfahrung im Bank- und Finanzgeschäft". Außerdem stehe der designierte Vorstandschef "persönlich und beruflich für die Werte, die nötig sind, die Deutsche Bank voranzubringen und die Strategie 2020 erfolgreich umzusetzen". Dabei handelt es sich um das noch von Jain und Fitschen präsentierte Reformprogramm.

Investoren haben das Vertrauen verloren

Den scheidenden Managern dankte Achleitner. "Aufgrund ihres jahrzehntelangen Einsatzes hat die Deutsche Bank ihre weltweite Führungsposition erreicht." Die Entscheidung Fitschens und Jains, vorzeitig abzutreten, "zeigt auf beeindruckende Weise ihre Einstellung, die Interessen der Bank vor ihre eigenen zu stellen". Jain bezeichnete seine 20-jährige Tätigkeit für das Unternehmen als "außergewöhnliche Zeit".

Der Vizepräsident der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, Klaus Nieding, begrüßte den Personalwechsel. "Die Investoren haben kein Vertrauen mehr zu Anshu Jain und Jürgen Fitschen gehabt", sagte er dem Berliner "Tagesspiegel".

Jain und Fitschen standen zuletzt wegen zahlreicher Skandale, teils in Verbindung mit hohen Strafzahlungen, stark unter Druck. Im Mai straften die Aktionäre die Vorstandschefs bei der Hauptversammlung ab: Nur jeweils rund 61 Prozent stimmten für die Entlastung der Manager.

Auf Fitschen lastet zudem ein laufendes Gerichtsverfahren. Im Prozess vor dem Landgericht München I in Zusammenhang mit der Pleite des Medienkonzerns von Leo Kirch wirft ihm die Staatsanwaltschaft versuchten Prozessbetrug vor. Fitschen bestreitet die Vorwürfe. Neben ihm sind vier ehemalige Manager der Deutschen Bank angeklagt.