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Am 1. Mai fallen die Schranken für Arbeitnehmer aus den osteuropäischen Nachbarländern Offene Ost-Grenzen: Chance, Gefahr oder gar nichts?

Von Nico Esch 12.04.2011, 04:33

Zittau (dpa). Am 1. Mai fällt in Deutschland die letzte Schranke für Arbeitnehmer aus den Nachbarländern im Osten. Mit gleich zwei Außengrenzen liegt Sachsen besonders exponiert. Dass sich demnächst viel ändert, glaubt dort trotzdem niemand.

Über Fachkräftemangel kann sich Ralph Grohmann nicht beklagen. Und genau das ist sein Problem. "Wir brauchen willige und gute Fachkräfte, nicht irgendwelche", sagt der Gastronom aus dem sächsischen Zittau. Und Tschechisch sollten sie auch sprechen. Nun ist Tschechien gleich nebenan, doch das hat Grohmann bislang nicht viel geholfen: "Denn dann müsste ich nachweisen, dass es hier keine Fachkräfte gibt", sagt er. Nur dann dürfe er derzeit Arbeitnehmer aus den Nachbarländern beschäftigen.

Künftig sollen es Gastronomen wie Grohmann und alle anderen Unternehmer leichter haben. Am 1. Mai fallen die letzten Schranken der sogenannten Arbeitnehmer-Freizügigkeit für Länder wie Tschechien und Polen, die 2004 der EU beigetreten sind. Von dort stammende Arbeitnehmer sind ihren deutschen Kollegen dann gleichgestellt. Sie brauchen keine besonderen Genehmigungen mehr, um jenseits der Grenze arbeiten zu können.

Dass bald im richtig großen Maßstab polnische und tschechische Arbeitnehmer in sächsischen Firmen werkeln, glaubt im Freistaat allerdings niemand so richtig. Michal Kopriva und seine Kollegen von der IHK Dresden haben im vergangenen Jahr einmal bei den Unternehmen herumgefragt, ob sie eigentlich Interesse haben, Fachkräfte aus den Nachbarländern einzustellen. Gut 700 hätten geantwortet, sagt Kopriva, nur sieben Prozent davon mit Ja. "So riesig ist das Interesse im Moment nicht", betont der Experte.

Auch auf der anderen Seite der Grenze nicht. "Es ist nicht so, dass die Leute irgendwo Schlange stehen", sagt Kopriva. Polen und Tschechien hätten längst ähnliche Fachkräfte-Probleme wie Deutschland, zudem sei vielen gut ausgebildeten Kandidaten die Bezahlung im Osten Deutschlands zu schlecht.

Auch Markus Schlimbach vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) geht davon aus, dass die Zahl osteuropäischer Arbeitnehmer in Sachsen allenfalls langsam und über mehrere Jahre ansteigen wird.