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Erträge reichen oftmals nicht aus, um den Lebensunterhalt zu bestreiten Tausende Selbständige am Hartz-IV-Tropf

12.01.2012, 04:27

Viele Selbständige in Sachsen-Anhalt hängen am Hartz-IV-Tropf der Arbeitsagenturen. Was sie mit ihrer Tätigkeit verdienen, reicht nicht aus, um den Lebensunterhalt zu bestreiten. Fast 5500 Frauen und Männer sind betroffen.

Halle/Magdeburg (ko) l Knapp 5500 Selbständige mit Zuschüssen aus dem Hartz-IV-Topf, das waren fast acht Prozent aller erwerbstätigen Hartz-VI-Empfänger, so die Berechnungen der Bundesagentur für Arbeit, Regionaldirektion Sachsen-Anhalt-Thüringen in Halle. Auf lange Sicht sei das ein ansteigender Trend, stellte deren Chef Kay Senius fest, denn im Jahresdurchschnitt 2007 hatte es nur rund 3500 selbständige Hartz-IV-Bezieher gegeben.

Mehr als 70 Prozent der selbständigen Hartz-IV-Empfänger hatte ein verfügbares Einkommen unter 400 Euro. Senius ist besorgt: "Wir haben auf der einen Seite perspektivisch einen steigenden Bedarf an Fachkräften in Sachsen-Anhalt und auf der anderen Seite langfristig gesehen mehr Menschen, die den Sprung in die Selbständigkeit gewagt haben, von dem Erlös ihrer Existenzgründung aber überhaupt nicht leben können und von der Allgemeinheit unterstützt werden müssen."

Diese Entwicklung müsse gestoppt werden, so Senius. Dabei hätten fast 64 Prozent der Betroffenen entweder eine abgeschlossene Berufsausbildung oder einen Hochschulabschluss. Der Großteil sei zwischen 25 und 50 Jahre alt. Damit seien ihre Chancen auf eine feste sozialversicherungspflichtige Beschäftigung eher gut, so Senius weiter.

"Jeder bekommt eine faire Chance für seine Existenzgründung. Dazu gehört aber auch, nach einer gewissen Zeit eine ehrliche Bilanz zu ziehen und gegebenenfalls ein Scheitern einzugestehen, um dann mit den Arbeitsvermittlern nach Alter- nativen zu suchen", betonte Senius.

Der Agenturchef verwies auf die zum Ende vergangenen Jahres geänderten gesetzlichen Bestimmungen beim Gründungszuschuss, den Empfänger von Arbeitslosengeld I beantragen können. Sie müssten sich jetzt wesentlich früher um die Förderung ihrer Existenzgründung bemühen.

Spätestens dann, wenn jemand 18 Monate Hartz-IV-Geld bezieht, sollte intensiv geprüft werden, ob es eine tragfähige Alternative zur Selbständigkeit gibt."

Kay Senius, Chef der BA-Regionaldirektion

Während früher ein Restanspruch auf das Arbeitslosengeld von 90 Tagen genügte, muss der Antragsteller jetzt noch einen Anspruch von 150 Tagen haben. Zudem ist die Gewährung des Gründungszuschusses eine Ermessensentscheidung und keine Pflichtleistung mehr.

Nach wie vor muss der Antragsteller die Tragfähigkeit der Geschäftsidee durch eine Stellungnahme einer fachkundigen Stelle nachweisen. Wer eine Firma gründen will, muss zudem dem Arbeitsvermittler nachweisen, dass er dafür geeignet ist. Andernfalls sind tragfähigere und existenzsichernde Alternativen zu prüfen.

Ziel sei es, die Hilfebedürftigkeit zu beenden und nicht durch die Förderung unsicherer Geschäftskonzepte zu verlängern, erklärte Kay Senius. "Wichtig ist, dass wir die Kommunikation mit den Betroffenen intensivieren und sie mit ihren Fragen nicht allein lassen. Spätestens dann, wenn jemand 18 Monate Hartz-IV-Geld bezieht, sollte intensiv geprüft werden, ob es eine tragfähige Alternative zur Selbständigkeit gibt."