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Haben Kreditinstitute Hypothekenpapiere konstruiert und dann gegen diese gewettet? Immer mehr Banken geraten ins Visier der US-Justiz

17.05.2010, 05:22

New York (dpa). Die Liste der von den amerikanischen Justizbehörden untersuchten Banken wird zunehmend länger und liest sich wie ein Who is Who der internationalen Finanzbranche: Goldman Sachs, Morgan Stanley, JP Morgan Chase, Citigroup, Merrill Lynch, Deutsche Bank, UBS, Credit Suisse, Crédit Agricole.

Eine konkrete Klage liegt bisher nur gegen Goldman Sachs vor: Die US-Börsenaufsicht SEC wirft der Investmentbank vor, ihre Kunden bei Hypothekengeschäften getäuscht zu haben. Nun untersucht die Bundesstaatsanwaltschaft in New York gemeinsam mit der SEC, ob Morgan Stanley, JP Morgan Chase, Citigroup, Deutsche Bank und UBS ähnlich vorgegangen sind.

Der Vorwurf ist nach einem Bericht des "Wall Street Journals" jeweils der gleiche: Die Banken sollen die Hypothekenpapiere auf Geheiß anderer Finanzakteure kreiert haben, die selbst gegen diese Papiere wetteten. Auch die Banken setzten teilweise darauf, dass der Wert der Papiere sinkt, während sie diese ihren Investoren als vielversprechende und sichere Wertanlagen verkauften. Mit dem Kollaps der Immobilienblase kam der Fall ins Bodenlose; die Investoren verloren Geld, während Banken und Hedge Fonds kassierten.

Die Untersuchung ist dem Bericht zufolge in einer frühen Phase. Um Anklage erheben zu können, müssen die Behörden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit beweisen können, dass ein Unternehmen oder seine Angestellten Investoren getäuscht haben. Die Staatsanwaltschaft hat bisher erst eine größere Klage im Zusammenhang mit der Finanzkrise erhoben – gegen zwei Händler von Bear Stearns – und verloren.

Im Fall von Goldman Sachs läuft vorerst eine Zivilklage, bei der die juristischen Hürden weniger hoch sind. Goldman hatte sich gegen die Vorwürfe gewehrt, ist nun aber in Verhandlungen um einen Vergleich mit den Justizbehörden. Morgan Stanleys Konzernchef James Gorman hatte erklärt, die Vorwürfe hätten "keinerlei Substanz" und sein Institut sei bisher von den Behörden nicht kontaktiert worden. Alle anderen Banken verweigerten jeden Kommentar.

Parallel zur Untersuchung der Bundesstaatsanwaltschaft und der SEC hat der New Yorker Generalstaatsanwalt Andrew Cuomo eine Untersuchung gegen acht Banken eröffnet. Er will nach einem Bericht der "New York Times" herausfinden, ob sie Ratingagenturen irreführende Informationen gegeben haben, damit diese gewisse Hypothekenderivate höher bewerten. Es handelt sich dabei um die Deutsche Bank, Goldman Sachs, Morgan Stanley, UBS, Citigroup, Credit Suisse, Crédit Agricole und Merrill Lynch, das jetzt der Bank of America gehört. Zu diesen Ermittlungen erklärte ein Sprecher der Deutschen Bank: "Wir sind überzeugt, dass die Deutsche Bank sich in diesem Zusammenhang korrekt verhalten hat und werden mit den Behörden zusammenarbeiten, um dies zu untermauern."

Cuomo konzentriert sich in seiner Untersuchung vor allem auf Personalwechsel zwischen Banken und Ratingagenturen. So soll es immer wieder vorgekommen sein, dass Angestellte der Agenturen mit großzügigen Salärangeboten von Finanzhäusern abgeworben wurden, um dann bei früheren Kollegen für die Anlagevehikel der Bank bessere Bewertungen herauszuschlagen.

Alle Ermittlungen sind Teil einer größeren Untersuchung der Wall Street-Aktivitäten im Zusammenhang mit der Finanzkrise. Involviert sind Bundesstaatsanwaltschaften, das Justizdepartement, das FBI sowie diverse Aufsichtsbehörden.