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Nach dem Gang aus der Insolvenz zieht neuer indischer Eigentümer eine positive Zwischenbilanz Im Glaswerk Gardelegen wird investiert

Von Sabine Fuchs und Torsten Scheer 22.05.2012, 03:17

Einer der modernsten Glashütten Europas drohte das Aus. Doch nach der Übernahme durch einen Investor wird in dem Unternehmen in der strukturschwachen Altmark sogar wieder investiert.

Magdeburg/Gardelegen l Ein Jahr nach der Übernahme der Agenda Glas AG Gardelegen zieht der indische Investor, die HNG Global GmbH, eine positive Bilanz. "Vor allem die Effizienz der Produktion konnte erheblich gesteigert werden", sagte Sprecherin Navneet Kaur der Nachrichtenagentur dpa. Je nach Typ würden jährlich 250 bis 300 Millionen Glasflaschen hergestellt. Endabnehmer der Produkte seien Unternehmen der Getränke- und Lebensmittelindustrie. Derzeit seien 150 Mitarbeiter in Gardelegen beschäftigt. Das sind ebenso viele wie bei der Übernahme vor einem Jahr.

Der Umsatz solle in diesem Jahr um 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gesteigert werden. Dafür sei ein Investitionsprogramm im Volumen von 10 Millionen Euro aufgelegt worden. Ein wesentliches Teilprojekt sei der Bau einer Lagerhalle zur Zentralisierung der Fertigwarenvorräte. Absolute Umsatzzahlen wollte die Sprecherin nicht nennen.

Die Agenda Glas AG hatte im Februar 2010 die Produktion aufgenommen. Sie war von Managern aus der Glasindustrie gegründet worden, die sich selbstständig machen wollten. Die rund 50 Millionen Euro Investitionen in eine der modernsten Glashütten in Europa wurden zu großen Teilen durch staatliche Förderung und Kredite aufgebracht. Der Jahresumsatz blieb jedoch mit rund 10 Millionen Euro weit unter den Planungen. Im Februar 2011 hatte das Unternehmen Insolvenz angemeldet.

Der Investor - ein börsennotierter Glashersteller mit Sitz in Kolkata (früher Kalkutta) - ist der größte Glashersteller Indiens und betreibt dort sechs Glaswerke. Das Unternehmen hat nach eigenen Angaben in den vergangenen Jahren drei in wirtschaftliche Schwierigkeiten geratene Betriebe übernommen und Erfahrung bei Firmensanierungen.

Die vom Glaswerk verwendeten wesentlichen Rohstoffe wie Soda, Quarzsand, Kalk und Dolomit werden hauptsächlich aus regionalen Quellen bezogen, beispielsweise jährlich tausende Tonnen Quarzsand aus dem nahegelegenen Weferlingen. Die unmittelbare Nähe zu den Rohstoffen war es auch, warum damals Geldgeber auf einem 16 Hektar großen, ehemals militärisch genutzten Gelände investierten.

Sachsen-Anhalt ist ein herausragender Glasstandort in Deutschland. Ein Drittel der deutschen und ein Zehntel der europäischen Produktion kommen von hier. In unserem Bundesland gibt es vier große Glaswerke: F-glass in Osterweddingen, Euroglas in Osterweddingen, Euroglas in Haldensleben und Guardian in Thalheim.

Die deutschlandweit einmalige Konzentration der Glashersteller auf so engem Raum wie in Sachsen-Anhalt hat einen entscheidenden Grund: Rohstoffe. Rohstoffe, die kostengünstig zu gewinnen und zu transportieren sind. Die Zutaten für die Glasproduktion, Quarzsand und Soda, sind hierzulande in Hülle und Fülle vorhanden. Soda liefern die großen Werke in Staßfurt und in Bernburg. Sand kommt überwiegend aus den Gruben um Weferlingen im Bördekreis.

Von den "Schürfgründen" sind die Glasfabriken nur einen Steinwurf entfernt. Allein dieser Umstand stellt nach Meinung von Fachleuten selbst den größten zu erwartenden Lohnkostenvorteil etwa in Tschechien oder Polen deutlich in den Schatten.